06.01.2013 Aufrufe

Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

— 368 —<br />

Seele jubelte vor Entzücken und Begeisterung, denn<br />

ich glaubte mir sagen zu dürfen, daß ich jetzt wahrhaft<br />

zwei Seelen der heiligen Lehre <strong>von</strong> der Welterlösung,<br />

wie unser Heiland sie predigt, gewonnen habe.<br />

Beide Brüder wurden <strong>von</strong> diesem Tage an die mildesten,<br />

zufriedensten, friedliebendsten Menschen. Ganz<br />

<strong>von</strong> selbst legten sie ihren alten kriegerischen Schmuck<br />

ab, kleideten sich europäisch und fingen an das grausame<br />

Vergnügen der Jagd mit der stilleren und segenbringenderen<br />

Beschäftigung des Ackerbaues und der<br />

Viehzucht zu vertauschen. Schon glaubte ich die Jünglinge<br />

der europäischen Civilisation und der christlichen<br />

Milde völlig gewonnen; da erweckte der Anblick eines<br />

ihrem Stamme feindlichen Kriegers den alten Adam in<br />

ihnen. Kaum sahen sie den wehenden Federbusch des<br />

herausfordernd mit seinem Tomahawk durch die Büsche<br />

schreitenden Häuptlings, so begann ihr indianisches<br />

Blut zu kochen. Nie im Leben sah ich ein solches<br />

Bild innerlich tobender Leidenschaften auf einem<br />

Mensch enantlitz. Sie erkannten in dem bemalten Krieger<br />

den Mörder ihres Vaters, und Rache! Rache! war<br />

ihr einziger Gedanke. Schon hatte sich der Eine mit<br />

einer Axt bewaffnet, während der Andere mit Riesenkraft<br />

einen jungen Baum umbrach, um den Todfeind<br />

damit anzugreifen. Da gab mir Gott übermenschlichen<br />

Muth. Das Wort des Lebens in der Hand, trat ich zwischen<br />

den wilden, heidnischen Krieger und meine jungen<br />

bekehrten Freunde. Ich weiß nicht mehr, was ich<br />

sprach, aber der Geist Gottes muß meine Worte beseelt<br />

haben. Wie gelähmt, bezaubert standen die Jünglinge<br />

mir gegenüber. Je länger ich redete, desto mehr verlor<br />

sich der Wuthausdruck auf ihren dunkeln Zügen. <strong>Die</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!