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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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Er leugnete mit kecker Stirn jede Andeutung Wimmer’s<br />

hinsichtlich der Verwendung, die er <strong>von</strong> den Geweben<br />

machen wolle. Auch die Fragen der Mutter hatten keinen<br />

bessern Erfolg. Fürchtegott beharrte in hartnäckigem<br />

Schweigen.<br />

So abgeneigt <strong>Ammer</strong> jeder Neuerung war und so fest<br />

er an einmal angenommenen Gewohnheiten hielt, gelang<br />

es Fürchtegott doch nach einiger Zeit, eine wesentliche<br />

Abänderung in diesen zu bewirken. Sein vorsichtiges<br />

Zureden bewog den Weber, eine Zeitung mitzuhalten<br />

und die Lectüre derselben seinen Hausgenossen<br />

zu erlauben. <strong>Die</strong> Brüder machten <strong>von</strong> dieser<br />

Erlaubniß sofort den ausgedehntesten Gebrauch und<br />

brachten dadurch in die bisher ganz harmlosen Unterhaltungen<br />

eine politische Färbung. Es konnte jetzt<br />

nichts mehr in der Welt geschehen, was nicht Anklang<br />

oder Widerspruch in der <strong>Familie</strong> des Webers fand. Anfangs<br />

ignorirte zwar <strong>Ammer</strong> die Existenz dieser Zeitung<br />

hartnäckig, wie Alles, was ihm die lieb gewordene<br />

Ruhe störte, bald aber kam er damit nicht mehr aus.<br />

Das Gespräch über wichtige oder unwichtige Ereignisse,<br />

das ihm täglich um die Ohren summte, reizte seine<br />

Neugier, und da er auf Anderer Meinung oder Urtheil<br />

selten viel gab, so ward er wider Willen gezwungen,<br />

das ihn störende Blatt selbst in die Hände zu nehmen.<br />

Nun war es lustig anzuhören, wie der alternde Mann<br />

<strong>von</strong> seinem Gesichtspunkt aus die Welt und ihre Bewegungen<br />

beurtheilte. Es konnte nicht das Geringste<br />

geschehen, das sich seines Beifalls zu erfreuen gehabt<br />

hätte. Was immer die Zeitung mittheilte, dem Weber<br />

machte es Niemand recht. Er spottete oder verwarf in<br />

komisch brummendem Tone Alles, und blieb steif und

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