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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 880 —<br />

Warum?<br />

Ich denke mir, ein Mensch, der Gott geschaut, müsse<br />

sich unterscheiden <strong>von</strong> allen anderen Creaturen dieser<br />

Welt, und wieder meine ich, daß ein irrender Sterblicher,<br />

vor dessen Angesicht unerwartet der Satan tritt,<br />

ebenfalls ein anderes Ansehen erhalten müsse.<br />

Glücklicherweise ist uns Beides nicht vergönnt, sagte<br />

Frau Anna. <strong>Die</strong> hohe Weisheit des Schöpfers hat uns<br />

vor solchen Schrecknissen bewahrt.<br />

<strong>Ammer</strong> schüttelte sein fast kahles Haupt. Du irrst,<br />

erwiderte er, dem ist nicht so. Gott den Herrn erblickt<br />

wohl selten oder nie Einer <strong>von</strong> denen, die sich gern alle<br />

Gottes Kinder nennen, mit dem Satan aber kommen<br />

wir zuweilen in Berührung, ohne daß wir’s ahnen. Mir<br />

ist er auch schon begegnet, Mutter, aber immer in verhüllter<br />

Gestalt. Dennoch hat er mir die Hand gedrückt.<br />

Jetzt aber trat er gerade vor mich hin, und Auge in Auge<br />

faßten wir einander.<br />

Das hat mich gepackt im Innern, als berste die Erde<br />

unter mir; meine Seele lechzt nach himmlischem Balsam<br />

und das Herz blutet, denn ich fühl’s, wie schwere,<br />

heiße Tropfen darin niederfallen.<br />

Er neigte sein Haupt auf die Brust und holte röchelnd<br />

Athem. Anna wußte nicht, was der seltsam Bewegte<br />

meine. <strong>Die</strong> Briefe aufzunehmen, die ihn ohne<br />

Zweifel in solche Stimmung versetzt hatten, durfte sie<br />

nicht wagen. Nach einiger Zeit richtete sich <strong>Ammer</strong><br />

wieder auf und sagte mit ungewöhnlich sanfter Stimme.<br />

Hat Christlieb heute nach mir gefragt?<br />

Anna’s Busen hob sich. Schon zweimal, erwiderte<br />

sie. Er war’s auch, der mir die Briefe übergab.

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