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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 139 —<br />

Lebrecht Mirus geblieben, hätte er etwas Anderes als<br />

Landwein getrunken!<br />

Eine Thräne, ob eine künstlich erpreßte oder aus<br />

wirklicher Rührung hervorgegangene, möge unermittelt<br />

bleiben, blinkte in den grauen Augen des Kaufherrn<br />

und rann langsam auf seine fahlen Backen herab.<br />

Er schlug dabei die Augen gen Himmel auf, als wolle<br />

er dem Ewigen für das ihm geschenkte Glück danken.<br />

Wenn man aber in das Gesicht des Emporblickenden<br />

sah und die eisenharten Züge in demselben musterte,<br />

konnte man nicht recht an Rührung glauben. Christlieb<br />

ward sogar etwas unheimlich. Er setzte das halb<br />

geleerte Glas weg, und zerbröckelte in seiner Verlegenheit<br />

den Zwieback. Mirus trocknete sich die Augen,<br />

nahm eine Prise, roch nochmals an dem conservirenden<br />

Wein und kehrte sich wieder zu seinem jungen<br />

Gaste. Sein Gesicht glänzte jetzt, als ob ein großer Gedanke<br />

das Gehirn des alten Speculanten belebe.<br />

Herr, ich muß Ihr sagen, sprach er belebter und rascher<br />

als bisher, auf den Wimmer mag Herr Vater ein<br />

Auge haben. Verstanden? – Es ist nicht Geschäftsneid,<br />

der mich so sprechen läßt, es ist Liebe, pure, blanke,<br />

infame Christenliebe! Herrnhuter sind immer ein wenig<br />

heimlich, der Wimmer aber ist’s vor Andern. Darum<br />

aufgepaßt, aber stillgeschwiegen! – Christlieb, ich<br />

wünschte wohl, du kämest später zu ’was Tüchtigem,<br />

’was Großem, denn ich mag deine Weise, wenn ich’s<br />

aber so einrichten könnte, daß es ohne Wimmer’s Zuthun<br />

und Vermittelung geschähe, wollte ich selbst ausnahmsweise<br />

vier Wochen hinter einander Rheinwein<br />

statt Meissner trinken. Verstanden?

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