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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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ihn, wie lange wird’s dauern, und auch fürstliche Correspondenten<br />

finden sich ein. Aber freilich, ’s ist auch<br />

ein schmucker Junge. Wenn er zu Pferde sitzt, die Mütze<br />

auf einem Ohr oder ganz vorn auf der Stirn, und dahinsprengt<br />

mit verhängtem Zügel, als wär’ er unter den<br />

Don’schen Kosaken jung geworden, muß er den Weltleuten<br />

wohl gefallen, ’s ist mir nur bange, es könne mit<br />

der Zeit, je mehr der Reiter gewinnt, desto mehr der<br />

Mensch dabei verlieren! – Aber das sind dumme Webereinfälle,<br />

die in’s vorige Jahrhundert gehören, als der<br />

größte deutsche Fürst noch einen steif gedrehten Zopf<br />

trug. Ein Klapps darauf, daß sie in’s Gras beißen! Andere<br />

Zeiten, andere Sitten!<br />

Flora’s Brust wogte vor heftiger Aufregung. Purpurröthe<br />

überflammte ihr liebliches Antlitz, und indem sie<br />

die zierlichen Hände über dem Busen faltete, sprach<br />

sie:<br />

Vater, willst du den Brief nicht öffnen? Fürchtegott<br />

ist ja dein Sohn.<br />

Bei Leibe nicht! versetzte <strong>Ammer</strong>. Briefe sind eine<br />

gar kostbare Waare, die, wenn man sie verletzt, einem<br />

sehr theuer zu stehen kommen können.<br />

Flora gedachte wieder des früher aufgefundenen<br />

Schreibens und ihre Bedenken mehrten sich.<br />

Graf Alban hat sich am Ende wohl gar verschrieben,<br />

sagte sie unbefangen. Gewiß, Vater, so wird es sein.<br />

An dich ist der Brief gerichtet und Fürchtegott ist dem<br />

vielbeschäftigten Herrn in die Feder gelaufen. Erbrich<br />

den Brief mit gutem Gewissen.<br />

<strong>Ammer</strong> sah bald seine Tochter, bald deren still lächelnden<br />

Mann und Christlieb an. Dann schob er die<br />

Mütze in den Nacken und sagte: Gott verdopple mich,

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