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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 515 —<br />

So möge uns denn Gott helfen, Amen! schloß <strong>Ammer</strong><br />

sein Feierabendgebet. Laß uns jetzt sehen, was es<br />

drüben gibt. Ich höre, daß man laut wird.<br />

So endigte eine Unterredung, welche der schlaue<br />

Herrnhuter nicht mit ganz leichtem Herzen begonnen<br />

hatte. Jetzt war er beruhigt, und heitern Antlitzes trat<br />

er hinter dem Weber in’s <strong>Familie</strong>nzimmer.<br />

Hier hatten sich inzwischen die Zurückgebliebenen<br />

ebenfalls mit Fürchtegott und dem Inhalte des eingelaufenen<br />

Briefes beschäftigt. Bei Beurtheilung desselben<br />

bildeten sich zwei Parteien, indem Albrecht und<br />

Flora entschieden ihren Unwillen über den Ton aussprachen,<br />

den Fürchtegott sich dem Vater gegenüber<br />

erlaubt hatte; die Mutter und mit ihr Christlieb fanden<br />

diesen entschuldbar, obwohl sie zugaben, daß Fürchtegott<br />

seine Wünsche und Vorschläge in andere Worte<br />

hätte kleiden können. Flora nannte den Brief lieblos,<br />

unkindlich, hart, ja sogar höhnisch, und vergoß<br />

über, diese Unkindlichkeit des fernen Bruders Thränen;<br />

Christlieb dagegen meinte, der Brief sei in kaufmännischem<br />

Style abgefaßt und da könne <strong>von</strong> überfließender<br />

Liebe nicht die Rede sein. Auch dürfe man nicht<br />

vergessen, daß die ferne Welt, die vielen neuen, gewaltigen<br />

Eindrücke, endlich das Glück den Bruder, der ohnehin<br />

niemals Sinn für sentimentale Regungen gezeigt,<br />

völlig bezaubert habe, und im Rausch dieser Bezauberung<br />

seien ihm die Worte stolz und gebieterisch, wie<br />

seine augenblickliche Stimmung gewesen, in die Feder<br />

gelaufen. Da beide Ansichten sich vertheidigen ließen<br />

und die verschieden Urtheilenden fest auf der ihrigen<br />

beharrten, so kam es zu keiner Einigung. Flora ward<br />

zuletzt sogar beinahe heftig und machte Miene, ihrem

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