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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 21 —<br />

Land schickte und ihnen auf solche anstrengende Reisen<br />

nur wenig Geld nebst einem großen Schwarzbrod<br />

mitgab. Er hatte es in seiner Jugend nicht besser gehabt.<br />

Abhärtung, behauptete er, stähle den Körper, erhalte<br />

Herz und Geist frisch und sei das sicherste Mittel<br />

gegen Ausschweifungen jeglicher Art.<br />

<strong>Die</strong>ser Mann saß jetzt, während die Glocke auf dem<br />

nächsten Kirchdorfe »Feierabend« läutete, vor der Thür<br />

seines Hauses, rauchte billigen »Dreikönigstabak« aus<br />

einer schön gebräunten Meerschaumpfeife mit kunstreichem<br />

Silberbeschlag und unterhielt sich mit einem<br />

Kärrner, der allwöchentlich einmal durch’s Dorf fuhr,<br />

um zerbrochenes Glas einzuhandeln. Wie jeder Weber,<br />

trug <strong>Ammer</strong> eine blaue Schürze, um seine übrige Kleidung<br />

gegen den Garnstaub zu schützen. Ein schwarzsammtenes<br />

Käppchen bedeckte seine bereits grau werdenden<br />

Haare, die ein halbmondförmiger Hornkamm<br />

am Hinterkopfe zusammenfaßte, so daß sie, während<br />

Stirn und Schläfen ganz frei blieben, in leicht gekräuselten<br />

Locken seinen stämmigen Nacken umspielten.<br />

Gutmüthige hellblaue Augen sahen mit eigenthümlich<br />

schelmischem Ausdruck aus einem Gesicht, dessen Züge<br />

Milde gepaart mit Charakterfestigkeit verriethen.<br />

Nur in dem breiten »Lutherkinne« und einem schwer<br />

zu beschreibenden Zuge um den Mund konnte man<br />

Spuren zäher Hartnäckigkeit und unbeugsamen Willens<br />

entdecken.<br />

Geht’s schon wieder in die Glashütte? redete <strong>Ammer</strong><br />

den Kärrner an, den höflichen Abendgruß des bejahrten<br />

Mannes durch Lüften seines Käppchens freundlich<br />

erwidernd. Wenn du’s noch zehn Jahre so forttreibst,<br />

kann der Stadtrath <strong>von</strong> dir borgen.

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