06.01.2013 Aufrufe

Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

— 510 —<br />

Wimmer zog sich gelassen beide Stiefel herauf, sah<br />

dann den ergrimmten und erschütterten Weber ruhig<br />

an und sprach:<br />

Es ist Sitte der Kinder dieser Welt, daß sie diejenigen<br />

schmähen, denen sie danken sollten. Mich wundern<br />

deßhalb nicht deine harten Worte, lieber Bruder,<br />

allein wohl wünsche ich, und flehe deßhalb zu unserm<br />

Herrn und Heilande, daß es mir gelingen möge, dich<br />

andern Sinnes zu machen. Denn so du mir mißtrauest<br />

und mich fliehest oder vielleicht gar verfolgest, würdest<br />

du dir nur selbst größeren Kummer bereiten. Zwar<br />

bin ich im Vergleich mit dir arm zu nennen, weil ich<br />

weder Weib noch Kind habe, dafür aber hat Gott mich<br />

begnadigt, das Vertrauen deiner Söhne, deren Talente<br />

ich achte, zu erwerben. Verführest du nun hart und unväterlich<br />

gerade mit dem, der – ich weiß nicht, warum<br />

– am meisten an mir hängt, so würdest du ihn nur ganz<br />

<strong>von</strong> dir entfernen und ihn mir in die Arme führen. Ist<br />

nun dies nicht deine Absicht, so sei ihm lieber ein milder<br />

Vater und lege nicht jedes Wort, gleich beschädigten<br />

Ducaten, auf die Goldwaage.<br />

<strong>Die</strong>se Worte, sanft, mit einem Anflug <strong>von</strong> Rührung<br />

und in fast klagendem Tone gesprochen, machten<br />

einen tiefen Eindruck auf <strong>Ammer</strong>. Er sah sich plötzlich<br />

auf einem Terrain angegriffen, wo ein fortgesetzter<br />

Kampf für ihn die traurigsten Folgen haben konnte.<br />

Wimmer, sagte er matt, seine Hand dem Herrnhuter<br />

entgegenstreckend, Wimmer, raube mir nicht noch<br />

mehr <strong>von</strong> meiner Kinder Liebe, als du schon jetzt mir<br />

genommen! Es würde nicht gut enden! Ich will es gern<br />

und zu deiner Ehre glauben, daß nicht versteckte Absichten<br />

deinen Handlungen zu Grunde lagen, obwohl

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!