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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 674 —<br />

im Himmel sitzend, fährst du, den fertigen Engel im<br />

Arm, geradeswegs in’s Himmelreich hinein.<br />

Fürchtegott lächelte, indem er den Wagenschlag öffnete<br />

und Erdmuthe einzusteigen nöthigte. <strong>Die</strong>se aber<br />

zögerte und sagte bewegt:<br />

Mein theurer Freund, ist es auch recht, die mittellose<br />

Magd des Herrn aus der Rohrhütte in der Wildniß so<br />

plötzlich mitten in den Glanz der großen, reichen Welt<br />

zu führen? Zürne nicht, mein Freund, aber mir wird<br />

bange im Herzen vor solcher Pracht und Herrlichkeit.<br />

Nicht, daß ich fürchte, übermüthig und stolz zu werden,<br />

nur die Befangenheit wird an die Stelle der Offenheit<br />

treten, wenn du mich mit so ungewohntem Schimmer<br />

umgibst. Du wirst mich stumm machen, statt mittheilsam,<br />

und das Brod der Liebe werde ich nicht in<br />

treuen Worten, ach nein, nur in schweigsamen, todten<br />

Küssen reichen können. Laß uns lieber demüthig sein,<br />

mein lieber, lieber Fürchtegott!<br />

Der junge <strong>Ammer</strong> gerieth bei dieser Erklärung in eine<br />

seltsame Stimmung. <strong>Die</strong> köstliche Natürlichkeit dieser<br />

unverdorbenen, dem Weltleben so gänzlich abgewandten<br />

Seele entzückte ihn, und doch hätte er ihr<br />

harte Worte sagen mögen. Ihn freute es, die aus der<br />

weiten Welt Heimgekehrte, die er sich mit seinen heißesten<br />

Pulsschlägen erobert hatte, mitten in den lachenden<br />

Glanz seines durch rastlose Strebsamkeit erworbenen<br />

Reichthums führen zu können. Er war stolz<br />

auf Erdmuthe, ihrer großen und seltenen Eigenschaften<br />

wegen; aber es würde ihn gekränkt haben, wäre<br />

irgend Jemand auf den Einfall gekommen, ihm Vorschriften<br />

machen zu wollen, in welcher Weise er sein<br />

Vermögen anwenden solle. <strong>Die</strong>se, seinem Dafürhalten

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