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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 380 —<br />

Wand, wo der Gürtel mit der Friedenspfeife des versöhnten<br />

Häuptlings hing. So saß er lange, <strong>von</strong> Niemand<br />

gestört, ohne eine Fiber zu rühren. In seinem<br />

Herzen war eine ganz neue Welt aufgegangen, eine<br />

Welt, die gar nichts gemein hatte weder mit der Umgebung<br />

seines bisherigen Lebens, noch mit den realistischen<br />

Bestrebungen, an denen die Seele des Jünglings<br />

Hing. <strong>Die</strong>se Welt ward <strong>von</strong> einer andern Sonne<br />

beleuchtet, <strong>von</strong> anders flimmernden Sternen des<br />

Nachts beschienen. Ein unnennbares Weh durchzuckte<br />

sein Herz, ein Weh, <strong>von</strong> dem er gar keine Ahnung gehabt,<br />

das ihn unglücklich und glücklich zugleich machte.<br />

Ich muß sie sehen, ich muß sie bald sehen! dachte<br />

er anfangs unzählige Male, bis er es deutlich aussprach<br />

und <strong>von</strong> seiner eignen Stimme erweckt, zusammenschrak.<br />

Er sprang auf, betrachtete das Tagebuch,<br />

drückte es leidenschaftlich an seine Lippen und wollte<br />

es wieder auf den Tisch legen, als er hinter sich husten<br />

hörte. Fürchtegott wendete sein erhitztes Gesicht<br />

seitwärts und erblickte den Grafen, der vor wenigen<br />

Augenblicken eingetreten sein mußte.<br />

<strong>Die</strong> Bestürzung des jungen <strong>Ammer</strong> erreichte jetzt<br />

den höchsten Grad. Verwirrt, wie er war, vermochte<br />

er weder ein Wort der Begrüßung, noch der Entschuldigung<br />

hervorzubringen. Er fühlte sich schuldbeladen<br />

und stand, <strong>von</strong> Purpurröthe übergossen, vor dem Grafen,<br />

als erwarte er in schulmeisterlicher Weise <strong>von</strong> ihm<br />

eine Strafpredigt zu hören. Graf Alban aber lächelte,<br />

reichte dem verblüfften Jünglinge die Hand und sagte,<br />

mit der Linken auf das Tagebuch der Missionärin<br />

deutend, mit wohlwollender, väterlich milder Stimme:

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