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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 803 —<br />

öden Gemächer, während Christlieb, ein Paquet Rechnungen<br />

in der Hand, auf sein kleines Thurmzimmer<br />

hinaufstieg, um dort noch ungestört zu arbeiten.<br />

Unruhe, Furcht vor der Zukunft, wohl auch Vorwürfe,<br />

die er sich machte, und die als erste, leise Mahnungen<br />

des Gewissens um seine Seele schwirrten, ließen<br />

Fürchtegott nicht ruhen. Er wagte nicht, zu Bette<br />

zu gehen, aus Furcht vor quälenden Traumbildern.<br />

Schon geraume Zeit war sein Schlaf nicht mehr ein<br />

wohlthuendes Ausruhen nach mühevoller Arbeit, eine<br />

Erquickung des Körpers und der Seele; ihm ward die<br />

Nacht fast immer zur Qual. Kaum schloß er die Augen,<br />

so mußte er rastlos thätig sein, mußte kämpfen<br />

und ringen mit phantastischen Gebilden, die sich ihm<br />

feindselig erwiesen, oder er jagte auf mastlosem Schiffe<br />

steuer- und führerlos über das stürmende Weltmeer,<br />

und unter sich in unergründlicher Tiefe sah er Weltenburg,<br />

wie es bald <strong>von</strong> Nebeln umhüllt, bald in seltsamem<br />

Feuerdunst strahlend immer weiter <strong>von</strong> ihm sich<br />

entfernte, bis er nichts mehr <strong>von</strong> dem ganzen glänzenden<br />

Besitzthume erblickte, als das <strong>von</strong> grünen Epheublättern<br />

umsponnene Bogenfenster des Zimmers, wo<br />

sein Vater wohnte. An diesem Bogenfenster bemerkte<br />

er das ehrwürdig weiße Haupt des Vaters, wie es sich<br />

rastlos bewegte und die ehrlichen blauen Augen zornig<br />

und vorwurfsvoll unverwandt zu ihm, dem ruhelos<br />

Segelnden, emporblickten.<br />

<strong>Die</strong>sem nächtlichen Traumspuk zu entgehen, verließ<br />

Fürchtegott <strong>Ammer</strong> nach zehn Uhr den neuerbauten<br />

Schloßflügel und trat hinaus in’s Freie. <strong>Die</strong> Nacht war<br />

sternenhell und warm. Im Park sang eine späte Nachtigal<br />

ihre verlockenden Lieder. Vom Thal herauf scholl

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