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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 115 —<br />

Und doch behaupten Alle, die Liebe und nur sie allein<br />

sei Ursache und Zweck des lebenslänglichen Bundes<br />

gewesen! Ich sage dir, lieber junger Bruder, es gibt keine<br />

Liebe außer der Gnade Gottes! Jene Liebe der Welt,<br />

jene profane, sündhafte Liebe, welche aus sinnlichem<br />

Reiz den Mann zum Weibe, das Weib zum Manne zieht,<br />

ist verwerflich und findet vor Gott kein Erbarmen. Im<br />

Himmel, spricht die Schrift, werden Ehen geschlossen,<br />

d. h. durch Gottes unmittelbare Wahl und Gnade. Wer<br />

nicht in dieser Gnade ist, der lebt auch nicht in der<br />

wahren Liebe. Darum bestimmt bei uns das Loos, das<br />

wir unter Gebet und Anrufung Gottes ziehen, die Wahl<br />

der Gattin, und noch nie hat man gehört, daß eine so<br />

geschlossene Ehe Unglück nach sich gezogen hatte. In<br />

Sitte und Ehrbarkeit leben die Gottgewählten neben<br />

einander, so lange der Heiland es will. Aufregung und<br />

Leidenschaft bleiben ihnen fern, die Milde nur und die<br />

Demuth behüten Haus und <strong>Familie</strong>.<br />

Von Liebesqualen war der junge <strong>Ammer</strong> noch nicht<br />

gepeinigt worden, wenn er aber seiner Schwester und<br />

ihres bis jetzt sorgsam geheim gehaltenen Verhältnisses<br />

mit Albrecht Seltner gedachte, wollte es ihm doch<br />

scheinen, als ob der kluge Herrnhuter mit seinen Ansichten<br />

<strong>von</strong> Macht, Glück und Reiz der Liebe nicht<br />

ganz auf dem rechten Wege sei. Daß es keine Leidenschaft<br />

geben solle, wollte dem Jünglinge, in dessen<br />

Brust ein ganzes Heer unklarer Leidenschaften tobte,<br />

nicht einleuchten, und daß ein Blick aus schönen Augen<br />

nothwendig unglückliche Ehen nach sich ziehen<br />

solle, hielt er für eine arge Verleumdung des schönen<br />

Geschlechtes. Ihm hatten, das wußte Fürchtegott bestimmt,<br />

bis jetzt freundliche Blicke hübscher Mädchen

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