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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 479 —<br />

um die Erlaubniß bat sie einen der Arbeiter, ihm beim<br />

Vorlegen des schimmernd weißen Flachses ein paar Secunden<br />

lang behülflich sein zu dürfen. Befriedigt und<br />

sehr erheitert verließ sie die dunstigen Räume, wo das<br />

Klirren und Schwirren so vieler Stahlräder einen Lärm<br />

verursachte, der fast die menschliche Stimme übertönte.<br />

Candidat Still war bis zur Betäubung da<strong>von</strong> angegriffen<br />

und sah ganz blaß aus. Frau Sempiterna glühte<br />

dagegen. Ihr sehr robuster Körper hatte nie Anwandlungen<br />

<strong>von</strong> Schwäche gefühlt, obwohl sie nicht ganz<br />

frei gesprochen werden konnte <strong>von</strong> einigen fingirten<br />

Ohnmachten.<br />

Sie sind Ihres Vaters braver Sohn, sagte sie, wieder<br />

in’s Freie tretend, indem sie Christlieb einen derben<br />

Schlag auf die Schulter gab. Das ist Alles nett und<br />

blank und die Leute müssen sich tüchtig rühren, wollen<br />

sie etwas Brauchbares auf die Spindeln bringen.<br />

Siehst du, Still, das nenn’ ich arbeiten, wirken, schaffen.<br />

Das setzt in Respect und nützt in der Zeit. Aber<br />

dein Studiren und Kritzeln, das nützt Niemand. Das<br />

macht nur wirr und unpraktisch und füllt den Kopf mit<br />

Nebeln, die sich dergestalt vor die Augen legen, daß<br />

die Studirten zuletzt am hellen Tage selbst mit doppelter<br />

Brille nichts mehr sehen. Meine Hochzeitsrobe<br />

gäbe ich drum, wenn ich deinen gelehrten Krimskrams<br />

in ein so schönes Stück Fabrik verwandeln könnte.<br />

Der arme Mann, obwohl schon längst an derartige<br />

Zurechtweisungen seiner zärtlichen Ehehälfte gewöhnt,<br />

fühlte sich durch diese letzte Aeußerung doch<br />

im Innersten verletzt.

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