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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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nicht fest werden lassen, sondern sie an verschiedenen<br />

Punkten durchbohrt, so daß an einer Menge Stellen<br />

der scheinbar ganz erstarrte Bach in scharfen Wasserstrahlen<br />

durchbrach, und die schönsten und mannichfaltigsten<br />

Eisgebilde dabei ansetzte. <strong>Ammer</strong> blieb<br />

auf dem Stege stehen und betrachtete sich diese Spitzen<br />

und Bögen. Das rieselnde und sprudelnde Wasser<br />

hatte eine Pyramide <strong>von</strong> wunderbarer Pracht gebildet,<br />

in der eine lebhafte Phantasie einen gothischen<br />

Thurm erblicken konnte. Eben entsendete die Sonne<br />

schräge über das Rohr laufende Strahlen, die an den<br />

Eiskristallen sich brachen, es vergoldeten und mit den<br />

schönsten Farbenspielen durchleuchteten. <strong>Die</strong> im Innern<br />

des Eises herabsickernden Tropfen glänzten bald<br />

weiß, wie Lichtfunken, bald purpurroth, wie Blutperlen;<br />

in der Tiefe aber setzten sie neue Elskristalle an,<br />

die sich sichtlich mehrten und so vor dem Auge <strong>Ammer</strong>’s<br />

ein Bilden und Werden enthüllten, das ihn fesselte.<br />

Der reiche Weber vergaß Frost und Zeit und betrachtete<br />

mit immer größerer Aufmerksamkeit das Werden<br />

der Eisgebilde, die <strong>von</strong> den Strahlen der machtlosen<br />

Wintersonne nur beleuchtet, nicht geschmolzen wurden.<br />

Wie festgebannt stand <strong>Ammer</strong>, auf seinen Rohrstock<br />

gelehnt, neben dem Bache, der dumpf murmelnd<br />

unter seinem Eispanzer fortrieselte. Seine Blicke schienen<br />

das Eis durchbohren, bis in das Herz der Erde<br />

schauen zu wollen. <strong>Die</strong> Gesichtsmuskeln des alternden<br />

Mannes geriethen in eine vibrirende Bewegung, sei es<br />

<strong>von</strong> der scharfen, prickelnden Kälte, sei es <strong>von</strong> den<br />

Gedanken, die in ihm aufstiegen und die nicht ganz<br />

gewöhnlicher Art sein konnten. Endlich bog sich das

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