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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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und seine übergroße Vorliebe für alles Althergebrachte.<br />

Grollte dennoch der stille Herrnhuter dem reichen<br />

und glücklichen Weber, so mußte dieser Groll sich entweder<br />

unbemerkt verzehren ober in ganz ungewöhnlicher<br />

Weise sich Luft machen. Wimmer’s Blick hatte,<br />

wie wir bereits andeuteten, etwas Unheimliches, Lauerndes;<br />

es lag in den kleinen, stets halbbedeckten Augen<br />

schmeichlerische Sanftheit und feige Tücke. Sein<br />

Mund lächelte fast immer, aber dies Lächeln war frostig,<br />

höhnisch und, wenn Niemand darauf achtete, sogar<br />

boshaft. Der ganze Ausdruck des fahlen Gesichtes<br />

verrieth frömmelnde Heuchelei. Ein Kenner des<br />

menschlichen Herzens würde diesem Manne nie sein<br />

Vertrauen geschenkt haben, er würde ihn vielmehr geflohen<br />

haben als einen im Gewande der Demuth einher<br />

schleichenden Engel der Finsterniß.<br />

Wimmer hatte viele Freunde, weil er ein zuverlässiger<br />

und höchst rechtlicher Geschäftsmann war. Im<br />

Handel sieht man nicht auf das Herz, sondern auf die<br />

That, und Wimmer hatte nie zu einer auch nur entfernt<br />

zweideutigen Handlung seine Hand geboten. Dennoch<br />

fehlte es dem Herrnhuter auch nicht an Feinden, und<br />

diese entwarfen <strong>von</strong> seinem heuchlerischen Wesen ein<br />

so abschreckendes Bild, daß Menschen, die ihn persönlich<br />

nicht kannten, ihn für einen wahren Satan halten<br />

mußten.<br />

Belauschen wir jetzt die Gedanken des Herrnhuters<br />

auf seinem einsamen Ritt durch die Saatfelder,<br />

die ihre schweren Aehren bereits zur Erde beugten.

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