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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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fest dabei, gut und zweckmäßig sei nur das, was <strong>von</strong><br />

früheren Zeiten her sich auf die Gegenwart vererbt habe.<br />

Das gab dann zu weiteren Auslassungen ergiebigen<br />

Stoff, woran auch Nachbarn und Freunde Theil<br />

nahmen. Hatten früher die einzelnen <strong>Familie</strong>n ein für<br />

sich abgeschlossenes Leben geführt, so brachte die Zeitungslectüre<br />

sie jetzt einander näher, und es entstanden<br />

in den Abendstunden, wo die Männer mit Frauen<br />

und Kindern vor den Thüren ihrer Häuser sitzend<br />

in gemüthlicher Ruhe ihr Pfeifchen zu rauchen pflegten,<br />

ambulatorische politische Kränzchen. Denn in der<br />

Lebhaftigkeit des Gesprächs wanderten die Streitenden<br />

oder die Welthändel schonungslos Kritisirenden<br />

<strong>von</strong> Haus zu Haus, und die ehemals stagnirende Ruhe<br />

kleinbürgerlichster Zufriedenheit löste sich auf in<br />

wohlthuende Theilnahme, die belebend, erfrischend,<br />

manche neue Gedanken und Ideen weckend, auf die<br />

einfachen Landleute wirkte.<br />

Fürchtegott hatte mit Anschaffung dieser Zeitung<br />

nichts Anderes erzielen wollen, als einen Blick in die<br />

Welt zu thun, die ihm bisher verschlossen geblieben<br />

war und ihn doch mit tausend Farben lockte. Seine<br />

Augen zu schärfen, seinen Verstand zu üben, seinen<br />

gährenden Gedanken Nahrung zu geben, war ihm Bedürfniß,<br />

und da unter den Verhältnissen, in welche die<br />

Gewohnheit des Dorflebens ihn bannte, anderweitige<br />

Bildung gar nicht denkbar war, so verschaffte ihm diese<br />

kleine Errungenschaft doch einiges Genüge. <strong>Die</strong> Zeitung<br />

sollte aber noch größere, nicht erwartete Umgestaltungen<br />

vorbereiten.

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