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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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dann nicht selten einen grausamen blutdürstigen Charakter<br />

annimmt. Ich fand jedoch dieses Verfahren nicht<br />

zweckdienlich, am wenigsten bei einem Volksstamme,<br />

der seit undenklichen Zeiten fast ausschließlich <strong>von</strong><br />

der Jagd lebte und dessen Vorstellungen eines seligen<br />

Lebens nach dem Tode sich an wildreiche Jagdgründe<br />

knüpfen. Deßhalb ließ ich ihnen gern diese Gewohnheiten,<br />

nur bemühte ich mich, sie zum Nachdenken<br />

über ihr Thun zu veranlassen, den Maßstab christlicher<br />

Vorschriften daran zu legen und dann dem zu folgen,<br />

was reife Prüfung und ruhiges Urtheil ihnen sagen werde.<br />

So gelang es mir, in nicht gar langer Zeit, die Jäger<br />

in meiner kleinen Gemeinde nicht auszurotten, wohl<br />

aber die Leidenschaft der Jagd, die frevelhafte Schößlinge<br />

treibt, zum bloßen Geist und Körper stärkenden<br />

Vergnügen abzudämpfen. Glaube mir, mein Bruder, mit<br />

einem Herzen voll Liebe und Geduld ist es leicht, Menschen<br />

zu bilden und zu beherrschen, nur muß der, welcher<br />

Andere leiten will, sich nie <strong>von</strong> dem Dünkel der<br />

Selbstüberhebung kitzeln lassen. Nur Bescheidenheit<br />

veranlaßt zu einer Nacheiferung, welche Segen bringt.<br />

<strong>Die</strong> Ruhe, Klarheit und Bestimmtheit in Allem, was<br />

Erdmuthe sprach, imponirten dem jungen <strong>Ammer</strong>. Er<br />

mußte sich zu seiner eigenen Demüthigung gestehen,<br />

daß, wenn er auch möglicherweise in rein weltlichen<br />

Dingen mehr berechnende Klugheit als die Missionärin<br />

besitze, ihm doch alles aus tiefster Ueberzeugung<br />

entsprossene feste und unwandelbare Urtheil abgehe.<br />

Er fühlte die durchgebildete, geistige Ueberlegenheit<br />

Erdmuthe’s, und war dies auch in mancher Beziehung<br />

drückend, so ließ sich doch mit vieler Zuversicht dem

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