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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 904 —<br />

Den Aufseher dauerte dieser in der That bedenkliche<br />

Zustand des jungen Gefangenen, weßhalb er auf<br />

eigene Veranlassung hin ihm eine Erleichterung zu verschaffen<br />

bemüht war. Mit freudiger Miene sagte er ihm<br />

eines Tages, daß er gern an Jedermann schreiben dürfe,<br />

nur müßten diese Briefe unversiegelt der Behörde<br />

zur Weiterbeförderung übergeben werden.<br />

Ich will sterben, nicht schreiben, versetzte Fürchtegott<br />

auf diesen Vorschlag, kehrte dem Gefängnißwärter<br />

den Rücken und würdigte diesen seitdem keines<br />

Blickes mehr. Selbst die kurzen Nachrichten, die der<br />

mitleidige Mann bisweilen wie im Selbstgespräch seinem<br />

Gefangenen <strong>von</strong> den Personen gab, die ihm theuer<br />

und werth sein mußten, beachtete Fürchtegott nicht.<br />

Er schwieg trotzig, genoß wenig und verfiel immer<br />

mehr.<br />

In dieser schweren Bekümmerniß gewährte nur die<br />

wiederholte Lectüre jener Tagebuchblätter, die zuerst<br />

seine Sehnsucht nach Erdmuthe zur heißen Flamme<br />

angefacht hatten, dem Gefangenen einige Zerstreuung.<br />

<strong>Die</strong>se Aufzeichnungen der ehemaligen Missionärin,<br />

in denen sich ihr kindlich reines Herz, ihr edles<br />

Wollen so ungekünstelt und wahr kund gab, trug<br />

Fürchtegott immer bei sich. Sie waren ihm früher ein<br />

Talisman gewesen, der ihn vor jeglichem Unfall behütet,<br />

ihn glücklich in die Wildniß geführt und zum<br />

ersehnten Ziele hingeleitet hatte. Mit einem gewissen<br />

Aberglauben klammerte sich auch noch der verwegen<br />

handelnde Weltmann, der <strong>von</strong> der Lust am Irdischen<br />

umstrickt war, an ihn. Konnte er auch nicht sagen, daß<br />

Erdmuthe seinen Wünschen gänzlich genüge, daß er<br />

sie noch eben so leidenschaftlich liebe, als früher, es

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