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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 769 —<br />

<strong>Ammer</strong>’s Gemüthsstimmung heiterte sich auf. Er<br />

mochte gern am Fenster sitzen, mit Otto oder auch,<br />

wenn die Zeit es ihr erlaubte, mit Flora plaudern, und<br />

auf die Arbeitsleute, besonders auf die Garnschläger<br />

achten, die an sonnigen Tagen stets einige Stunden damit<br />

beschäftigt waren, gefärbte oder auch nur gebrühte<br />

Garne auf Stangen zum Trocknen aufzuhängen und<br />

dann so lange auszuschlagen, bis jeder Faden sich wieder<br />

<strong>von</strong> dem andern gelöst hatte. Es bedurfte zu dieser<br />

für den Fabrikanten wichtigen Arbeit sehr zuverlässiger<br />

Leute, weil sie Vorsicht und Ausdauer erheischt.<br />

Es kam daher auch nicht selten vor, daß der Finger<br />

des alten Mannes an das Fenster klopfte, wenn einer<br />

der Garnschläger auch nur zufällig in dieser Beziehung<br />

sich eine kleine Nachlässigkeit zu Schulden kommen<br />

ließ.<br />

Bei trübem oder gar bei Regenwetter gab es leider<br />

nichts zu beobachten. An solchen Tagen fuhren kaum<br />

einige Frachtwagen vorüber, und wenn nicht das Spiel<br />

der Wolken, das Verschwinden und Wiedersichtbarwerden<br />

der Bergkuppen in den rollenden feuchten Nebeln<br />

ihm einige Unterhaltung gewährte, fühlte <strong>Ammer</strong><br />

bald Langeweile.<br />

Er griff dann wohl nach einem Chronikbuche und<br />

blätterte darin, allein des Lesens ungewohnt, schmerzten<br />

ihn sehr bald die Augen. Auch enthielten die Geschichten<br />

für ihn nichts Neues, denn er hatte sie wohl<br />

zehnmal schon gelesen. Seltner, der es bald merkte,<br />

daß sein Schwiegervater Zerstreuung suchte, legte, ohne<br />

vorher anzufragen, ein paar Volksschriften neueren<br />

Datums auf das Fensterbrett. <strong>Ammer</strong> sah sie an,<br />

las Titel und Jahreszahl und schob sie dann ungelesen

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