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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 615 —<br />

Mit wahrem Abscheu sah sie die Fortschaffung besonders<br />

des grauen Rockes an, der so stark gegen den Advocaten<br />

zeugte.<br />

Seit ihrer Verheirathung mit Still war sie nie so lange<br />

und so ruhig auf ihrem Zimmer geblieben, das sie<br />

der gelehrten Atmosphäre wegen, die in den nur wenig<br />

gelüfteten Räumen sich festgesetzt hatte, wenig liebte.<br />

Es mußte ihr wohl unheimlich vorkommen in ihrem<br />

eigenen Hause, und deßhalb suchte sie jetzt die Gesellschaft<br />

ihres Gatten, der sich über das Vorgefallene<br />

gar nicht ausließ und zu dem, was man sich erzählte,<br />

höchstens verwundert den Kopf schüttelte. Im Uebrigen<br />

änderte dies Ereigniß seine gewohnte Lebensweise<br />

durchaus nicht.<br />

Nachdem aber Frau Sempiterna den ersten Schreck<br />

in sich verarbeitet hatte, änderte sich auch ihr Benehmen.<br />

Sie sprach mit Jedem über den entsetzlichen Vorfall,<br />

war empört über den Schimpf, den der Advocat<br />

ihrem Hause angethan, ließ mit einem Worte kein gutes<br />

Haar an dem peinlich Angeklagten, und drang bald<br />

mit Bitten, bald mit Scheltworten in Still, er solle die<br />

»Sündenbude«, wie sie sich ausdrückte, je eher, je lieber<br />

verkaufen.<br />

Mit diesem Anliegen stieß sie aber bei ihrem stets<br />

willigen und nachgiebigen Gatten gegen alles Erwarten<br />

auf hartnäckigen Widerstand. Der Candidat weigerte<br />

sich entschieden, in seiner ruhigen Weise, ohne<br />

viel Worte zu machen, aber so fest, daß Frau Sempiterna<br />

bald einsah, es werde ihr diesmal ein harter Kampf<br />

aus dieser Weigerung erwachsen. Da jedoch die resolute<br />

und herrschsüchtige Frau immer <strong>von</strong> Neuem auf<br />

ihre Forderung zurückkam, erklärte Still eines Tages

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