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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 906 —<br />

wie ein Heimwehschmerz seine Seele. Was hätte der<br />

Aermste geopfert, wäre es ihm vergönnt gewesen, sie<br />

zu sich zu rufen! In der Einsamkeit des Kerkers, dünkte<br />

ihn, müßte er an Erdmuthe’s Busen alle Schmerzen<br />

der Erde, allen Druck, alles Elend der Welt vergessen.<br />

Und dieses große Herz, sprach Fürchtegott zu sich<br />

selbst, habe ich achtlos <strong>von</strong> mir gestoßen! Und dennoch,<br />

dennoch kam nie ein Wort der Klage, des Vorwurfes<br />

über ihre Lippen! Wahrhaftig, sie ist eine Heilige,<br />

wie Vater sie nennt! O, und ich, ich bin ein Undankbarer,<br />

ein Frevler vor Gott und der Liebe, die uns<br />

bessern, heiligen soll!<br />

Seitdem kam eine mildere Stimmung über den Gefangenen,<br />

aber der Friede der Seele floh ihn fortwährend.<br />

<strong>Die</strong> Qual seiner Nächte rieb ihn mehr auf, als die<br />

Sorge um das Zeitliche, die Sehnsucht nach Erdmuthe<br />

und die Vorwürfe, welche sein Gewissen ihm machte.<br />

So oft er die Augen schloß, sah er das bleiche, vorwurfsvolle<br />

Antlitz seines greisen Vaters, wie es in ewiger<br />

Bewegung ihm zugekehrt blieb. Selbst das Gebet,<br />

zu dem Fürchtegott bisweilen seine Zuflucht nahm, befreite<br />

ihn nicht <strong>von</strong> diesem unangreifbaren Feinde seiner<br />

Nächte.<br />

Auch jetzt blickte er ihn wieder an, unverwandt, und<br />

sein Herz zog sich krampfhaft zusammen, als ruhe der<br />

Blick Gorgo’s auf dem Träumenden. Der kalte Schweiß<br />

rieselte über seine zermarterten Züge, die herabhängende<br />

Hand hob sich abwehrend gegen das quälende<br />

Gespenst; er röchelte, stöhnte, schrie endlich laut auf,<br />

Erdmuthe’s Namen nennend, und erwachte.<br />

O Gott! sprach er, tief aufathmend und sich emporrichtend<br />

auf seinem Lager. Immer derselbe Traum. Er

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