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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 591 —<br />

So unwohl sich körperlich auch Fürchtegott in dieser<br />

ihn träg und brühwarm umfluthenden Atmosphäre<br />

befand, diesmal dankte er dem tropischen Clima, daß<br />

es sich als Retter in’s Mittel gelegt hatte. Und wirklich,<br />

noch während die infernalische Temperatur unbeweglich<br />

über Stadt und Land ihre glühenden Fittiche<br />

ausgebreitet hielt, langte ein Bote Erdmuthe’s mit<br />

den verheißenen Briefen an Graf Alban und die Aeltesten<br />

der Brüdergemeinde an. Was diese, wie es den Anschein<br />

hatte, sehr umfangreichen Schreiben enthalten<br />

mochten, war in diesem Augenblick Fürchtegott völlig<br />

gleichgiltig. Er sah nur zu, ob in dem Paquet nicht ein<br />

Brief für ihn liege, und da er nicht umsonst darnach<br />

suchte, erbrach er das fein zusammengefaltete Papier<br />

mit Ungestüm und durchflog es mit gierigen Blicken.<br />

Erdmuthe schrieb:<br />

»Mein Freund und Bruder!<br />

»Ob ich Recht oder Unrecht thue, indem ich an Dich,<br />

bevor Du diesen Welttheil verläßest, noch einige Worte<br />

richte, mag Der entscheiden, dessen Name über alle<br />

Namen ist. Im Geist gehöre ich Dir an durch Gedanken<br />

und stilles Gelöbniß; ich bin vor Gott, dem Allwissenden,<br />

Deine Braut, Fürchtegott, allein bis diesen Augenblick<br />

kann nur das allsehende Auge Gottes <strong>von</strong> unserm<br />

in der Einsamkeit und der heiligen Stille der Nacht geschlossenen<br />

Herzensbunde etwas wissen.<br />

»Noch weiß ich nicht, ob mich der Heiland, wenn ich<br />

dereinst vor ihm erscheine, dieses Herzensbundes halber<br />

frei sprechen wird. Er sagt freilich, die Liebe solle<br />

alle Menschen umschlingen, aber er meint jene allgemeine<br />

Nächstenliebe, die ein Ausfluß Gottes ist und in<br />

der wir athmen, <strong>von</strong> der wir leben.

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