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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 567 —<br />

Der bin ich, versetzte unser Freund, ja, Erdmuthe,<br />

ich bin jener <strong>Ammer</strong>, den Sie in Ihrem Tagebuche nennen.<br />

In meinem Tagebuche? unterbrach ihn die Missionärin<br />

zerstreut und beunruhigt. Was können Sie <strong>von</strong><br />

meinem Tagebuche wissen?<br />

Fürchtegott griff in die Brusttasche seines Rockes<br />

und holte das uns schon bekannte, zierliche Büchlein<br />

hervor, dessen Inhalt ihn so wunderbar gefesselt<br />

und zu allen nachfolgenden Schritten begeistert hatte.<br />

Erdmuthe erschrak beim Erblicken dieses Büchleins so<br />

heftig, daß ihre Lippe verstummte. Der junge <strong>Ammer</strong><br />

war bereits aufgestanden, vor der Missionärin niedergekniet<br />

und sprach jetzt, während er wiederholt die<br />

feinen Hände der jungen Wittwe küßte:<br />

Lebt in Ihrer Erinnerung nicht auch heute noch der<br />

Schattenriß eines Jünglings, der ohne sein Wissen und<br />

Wollen Ihnen in einem der wichtigsten Augenblicke<br />

Ihres Lebens gleichsam den Weg vertrat? In diesen<br />

Selbstbekenntnissen, die Sie dem Grafen Alban vor<br />

langer Zeit als ein Zeichen Ihrer Anhänglichkeit und<br />

Hochachtung sandten, gaukelte jener Schatten noch<br />

vor ihrer Seele. Sie trugen ihn fort über’s Meer, gleich<br />

einem Amulet, das in Ihr Herz hinabgesunken war und<br />

Niemanden sichtbar ward, als Ihnen allein. Der Besitz<br />

des nunmehr schon abberufenen Johannes vermochte<br />

jene Erinnerung nicht zu verwischen; sie lebte fort in<br />

Ihnen, rein und keusch, so rein und keusch, wie jener<br />

Kuß, der im Augenblick des Abschieds der Unbekannte<br />

Ihnen auf die jungfräuliche Lippe drückte. Der Sohn<br />

des reichen <strong>Ammer</strong> und jener Fremde beim Liebesmahle<br />

sind ein und dieselbe Person. Er liegt jetzt vor Ihnen

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