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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Jede Beurteilung von ci-Gedichten muß also in Betracht ziehen, daß in ihnen eine Sprache<br />

gesprochen wurde, die sich weniger mit Absicht auf Inhalte und Motive der Dichtung, als<br />

vielmehr mit Absicht auf ein ästhetisches Empfinden artikulierte, das noch spürbar lebendig<br />

in einer der öffentlichen Moral und männlichen Rollenzuteilung halbwegs entzogenen Welt<br />

wurzelte. Bei aller formalen Strenge, die auch in der ci-Dichtung verlangt wurde und trotz der<br />

thematischen Erweiterungen, die sie der shi-Dichtung annäherten, war das Ziel ihrer<br />

Entwicklung nie eine Anpassung an die moralische und politische Verantwortlichkeit der shi-<br />

Dichtung, sondern ein freierer Umgang mit den eigenen Erfahrungen, mehr oder weniger<br />

unabhängig vom Schicksal in der Person <strong>des</strong> Literaten-Beamten. 180 Für <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> etwa<br />

bedeutete die Annahme <strong>des</strong> zi-Namens „Weißstein-Daoist“ auch eine Kennzeichnung seines<br />

gebrochenen Verhältnisses zu der ihm durch seine Herkunft, Erziehung und Bildung<br />

bestimmten Beamtenklasse, in die er nicht Aufnahme fand und von deren Ansprüchen er sich<br />

mehr und mehr zu distanzieren suchte. Während er sich in seinen shi etliche Male in<br />

Verbindung mit Einsamkeits-, bzw. Rückzugsmotiven, bei diesem Namen nennt, wird man<br />

ihn in den ci vergebens suchen. Nicht einmal in den zahlreichen, oft so langen und<br />

aussagekräftigen Vorwörtern, die die Texte in ein Verhältnis zur eigenen Biographie <strong>des</strong><br />

<strong>Dichters</strong> setzen sollen, stößt man auf dieses Pseudonym und gerade unter den ci dringt die<br />

Stimme <strong>des</strong> Einsamen, ganz mit der Welt Zerfallenen, besonders deutlich durch. Aber Ich und<br />

Welt stehen hier auch für <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> in einer anderen Beziehung zueinander, in der moralisch-<br />

weltanschauliche Elemente stark in den Hintergrund fallen.<br />

Da sich die Haltung, die <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s ci von seinen shi am wesentlichsten unterscheidet, auf<br />

dem Boden einer gewachsenen Form entfaltete und nur unter dieser Voraussetzung zu sich<br />

selbst fand, soll der Wandel der ci-typischen subjektiven Ausdrucksform abschließend noch<br />

anhand einiger Textbeispiele aus der Entwicklung von den Anfängen bis zu der <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s<br />

Zeit unmittelbar vorausgehenden Epoche skizziert werden. <strong>Das</strong> folgende Gedichtbeispiel<br />

stammt von Wen Tingyun (812-870), der während der späten Tang-Zeit in seinen ci fast<br />

ausschließlich Liebeslyrik dichtete und in <strong>des</strong>sen Stil sich, wie Hoffmann meint, eine<br />

„gewisse aufdringliche Maniriertheit“ niederschlägt. Dennoch gehört Wen zu den frühen,<br />

180 Ronald Egan hebt den autobiographischen Charakter von Su Shis ci hervor und zeigt, daß Su Shi zwar<br />

durchaus Inhalte seiner shi-Dichtung in die ci übernahm, sie dort aber mit Hilfe der formalen Möglichkeiten,<br />

die ihm diese Gattung bot und durch die weniger festen Bezüge zwischen Inhalt und Aussage so stark<br />

modifizierte, daß der ci-typische, „private“ Aussagecharakter durchaus erhalten blieb: „These pieces (Su Shis<br />

man-ci; d.V.) all contain some <strong>des</strong>cription of Su’s immediate situation, some intrusion of an image of the past,<br />

and some reflection of its eventual passing; but the ordering of these elements and the amount of space devoted<br />

to them are quite unpredictable.“ (Egan; Su Shi; S. 346)<br />

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