29.10.2013 Aufrufe

Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

(yi), das ursprüngliche Stilideal der Dichtung herauszuarbeiten. Die Erkenntnis der<br />

persönlichen Unfähigkeit, diesem Ideal gerecht zu werden, führt nicht in den literarischen<br />

Nihilismus (Vernichtung der eigenen Schriften), sondern zur Rechtfertigung eines strikt<br />

individuellen Stilverständnisses.<br />

Im letzten Abschnitt sollen nun diese Stufen <strong>des</strong> Argumentationsganges, in denen sich<br />

<strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> als Dichter zu profilieren sucht, genauer untersucht werden. Dabei bildet sich auch<br />

der Ansatz heraus, von dem die anschließende Untersuchung der Poetik ausgehen wird.<br />

1.3. <strong>Das</strong> Notwendige und das Mögliche<br />

In einer synoptischen Untersuchung der poetologischen und kalligraphiekritischen<br />

Schriften <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s umreißt Shuen-fu Lin die paradoxe Konzeption dichterischen Schaffens<br />

mit den Worten:<br />

There are two seemingly incongruous principal ideas running through <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s entire<br />

poetry criticism. One is that great poetry must be spontaneous and natural, completely free<br />

from any self-conscious efforts. The other is that a true poet must attend to self-cultivation<br />

and to learning the methods and skill in poetry. 286<br />

Für Lin wird dieser offensichtliche Widerspruch zwischen den Forderungen nach einer<br />

„spontanen und natürlichen“ Dichtung und nach dem „Erlernen ihrer Methoden und<br />

Kunstgriffe“ von <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> als eine lösbare Aufgabe, also nur als scheinbarer Widerspruch,<br />

angesehen, denn er folgert daraus: „...in his poetics the former is an ideal to be attained<br />

through meticulous cultivation advocated in the latter.“ 287<br />

Verglichen mit dem, was im vorigen Abschnitt über die kritische Selbstsicht namhafter<br />

Dichter aus der unmittelbaren Umgebung <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s zutage gefördert wurde, dürfte es sich<br />

lohnen, diese Interpretation zu überdenken. Sprach nicht schon aus den Äußerungen Yang<br />

Wanlis und Lu Yous deutlich genug die mit zunehmend reifender Erfahrung gewonnene<br />

Überzeugung, daß das Streben nach einem verbindlichen Stilideal entweder<br />

Kraftverschwendung sei (Yang) oder aber, daß selbst die auf törichten Irrwegen zustande<br />

gekommenen <strong>Werk</strong>e ebenso gut eine Annäherung an den ursprünglich von jeder Form freien<br />

Geist der Dichtung (Lu) beinhalten könnten? Als unmittelbare Einleitung der für seine Thesen<br />

zentralen Dialektik von Übereinstimmung und Nicht-Übereinstimmung (he - bu-he) 288<br />

286 Lin, Shuen-fu; Chiang K’uei’s Treatises on Poetry and Calligraphy; S. 294 in: Bush, Susan and Murck,<br />

Christian (Ed.); Theories of the Arts in China; Princeton 1983, S. 293-314<br />

287 Ebenda<br />

288 Im zweiten Vorwort wird dieser Gegensatz begrifflich noch einmal geschärft, indem an die Stelle von „Nicht-<br />

Übereinstimmung“ nun „Verschiedenheit“ (yi) tritt. Eine Erörterung dieses diskursive Vorganges folgt weiter<br />

unten im Text.<br />

157

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!