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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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werden. Bei der Untersuchung der Prosaschriften wurde deutlich, wie sehr der<br />

Vorbildcharakter der Alten bei <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> und seinen Zeitgenossen die Wertschätzung von<br />

Kunst beeinflußte und daß sie letztlich als Grunddisposition aller Suche nach wahrem<br />

Ausdruck vorausgeht. Auch auf der Suche nach Kriterien für die Dichtung ist mit den Alten<br />

übereinzustimmen, was immer der Einzelne im konkreten Fall darunter auch verstehen mag,<br />

ein Ziel, das über den Grenzen der Logik schwebt und sich daher - wie der Abschnitt über die<br />

poetologischen Schriften gezeigt hat - nur in paradoxen Sätzen anvisieren läßt.<br />

Wahrheitssuche - in der Dichtung wie in der Kunst überhaupt - ist ein geistiges Zurückstreben<br />

gegen die Zeit, in dem die Dichtung selber das Ziel ist und somit - als Ideal! - jenseits der<br />

zeitlichen Grenzen liegt. Der „Rückzug“ ist also nicht aus einer individuellen, sondern aus<br />

einer Kulturperspektive zu verstehen und wurde in dieser Form nicht etwa zum ersten Mal<br />

von <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>, sondern bereits jahrhundertelang und von Unzähligen, die persönliche<br />

Neigung oder persönlicher Ehrgeiz zur geistigen Tätigkeit trieb, praktiziert.<br />

In den folgenden Abschnitten dieses Kapitels wird versucht, <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s Rückzug in die<br />

Dichtung als ein deutliches Merkmal seines lyrischen Stils zu analysieren. Dabei soll er auf<br />

verschiedenen inhaltlichen und strukturellen Ebenen nachvollzogen werden.<br />

a) Die Auseinandersetzung mit „der Welt“ in Gedichten an Freunde<br />

Die unterschiedlichsten Anläße vermochten in der Literatenwelt <strong>des</strong> alten China Gedichte<br />

an Freunde anzuregen. Frohe Geselligkeit und lange, schmerzhafte Trennung sind zwei<br />

Extreme, die beide direkt im Leben wurzeln. Ein andersartiger, ebenfalls häufiger Anlaß war<br />

die weniger stark situationsgebundene, geistige Freundschaft zweier Literaten, die sich mit<br />

einer gegenseitigen Hochachtung verband und die dazu führen konnte, daß der eine ein<br />

Gedicht <strong>des</strong> anderen mit einem eigenen - manchmal unter Verwendung <strong>des</strong> vorgebenen<br />

Reimes - beantwortete. Zwischen der Gebundenheit an eine bestimmte Situation und<br />

stimmungsunabhängiger, mehr auf die geistige Freundschaft bezogener Veranlassung<br />

befindet sich das weite Feld der Dichtungen, die im Titel das Element „zum Geleit“ 送 (song)<br />

mitführen, die sich also an einen scheidenden Freund richten. Die unmittelbar bevorstehende<br />

Trennung gibt zwar den äußeren Anlaß für das Gedicht, muß aber nicht, wie in jenen<br />

Gedichten, in denen das lange Getrenntsein den Gedanken im voraus bestimmt, den Verlust<br />

<strong>des</strong> Freun<strong>des</strong> zum zentralen Thema machen. Oft geht es ja dem Autor gerade darum, dem<br />

Freund nicht nur seinen Schmerz zu klagen, sondern ihm den Abschied und die Reise auch zu<br />

erleichtern. In diesem Sinn wird in Geleit-Gedichten oft ein Teil der Freundschaft vom<br />

beiderseitigen Verlust durch die Trennung ausgenommen: die innige Verbundenheit bis<br />

jenseits der Grenzen von Raum und Zeit.<br />

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