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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Von den Hong-鴻 und den Yan-Gänse 雁 sind die Hong die großen und die Yan die<br />

kleinen: im Fluge haben sie eine Rangordnung. Unter den Fischreihern 鷺und den<br />

Seidenreihern 白鷺 kommt es nicht vor, daß die kleinen die großen überholen: im Flug sind<br />

sie gestaffelt. Dies ist das Symbol für die Rangordnung der Beamtenschaft. 487<br />

Demnach kann die Bemerkung, daß sich die Seidenreiher hier gegenseitig um den<br />

Vorrang bringen, nur als Anspielung auf die ungeordneten Verhältnisse in der Beamtenschaft<br />

gedeutet werden. <strong>Das</strong> Bild der konkurrierenden Seidenreiher deckt sich einerseits mit dem<br />

Bereich der instabilen politischen Verhältnisse, die zuvor durch Bilder wie beispielsweise das<br />

der weißen Löwen, die.../Mit gesträubten Mähnen zum Ansprung sich stellen (Gedicht 3,<br />

Verse 14-15), das der bedrohlichen Drachenschar oder das <strong>des</strong> in einer feindseligen<br />

Umgebung nur durch die abschreckende Wirkung seines Fremdseins geschützten Esels<br />

angedeutet wurden. Andererseits ist ihr Erscheinen weder mit der stürmischen Gewalt der<br />

Wellen noch mit den grell blitzenden Augen der Drachen, noch auch mit der erschreckenden<br />

Bizarrheit eines mitten auf dem Wasser tanzenden Esels jenseits <strong>des</strong> Normalen platziert. Zwar<br />

widerspricht ihr Kampf untereinander der symbolischen Hervorhebung einer sichtbar<br />

geordneten, gemeinsamen Flugbewegung. Andererseits ist der Streit - um Nahrung? -<br />

angesichts von verdorrten Schilfen entlang der Ufer auch als naturgemäßes Verhalten der<br />

Vögel interpretierbar. Hier wird zwar auf dem Hintergrund einer tradierten literarischen<br />

Symbolik, mit der Irritation <strong>des</strong> Lesers bewußt gespielt, aber eine wirkliche Bedrohung und<br />

Beunruhigung <strong>des</strong> Ichs, an die wir uns anhand der bisherigen Texte schon beinah gewöhnt<br />

haben, ist nicht im entferntesten spürbar.<br />

Die Ironie wird gegen Ende mehr und mehr auch an der Oberfläche <strong>des</strong> Textes sichtbar.<br />

Diese Entwicklung gipfelt im vorletzten Verspaar 49-50, wo das mühelose Erreichen <strong>des</strong><br />

Zieles in eine Enttäuschung aller Gerüchte und Vermutungen umschlägt. Die Nennung eines<br />

Liu-Bei-Tempels dürfte eher mit dieser Entwicklung der Gegebenheiten innerhalb <strong>des</strong> Textes<br />

als mit dem äußeren Vorhandensein eines historischen Gebäu<strong>des</strong> zusammenhängen. 488 Die<br />

Person <strong>des</strong> Feldherren und Staatsgründers Liu Bei (161-223) verweist auf die Epoche der Drei<br />

Reiche (220-280) und damit auf die erste historische Teilung Chinas in Nord und Süd. Liu<br />

Bei stammte als einziger der drei mächtigen Rivalen, die um das Erbe der Han kämpften, aus<br />

dieser Dynastie und vermochte durch einen Schulterschluß mit Sun Quan (182-252) den<br />

militärischen Vormarsch Cao Caos (155-220) nach Süden aufzuhalten. Dessen Dynastie, die<br />

Wei, mußte sich anschließend mit dem Norden begnügen, während Liu und Sun zwei<br />

Südreiche - Shu und Wu - behaupteten. Diese historische Situation schien sich aus Sicht der<br />

487 Zitiert nach:TBD; S. 527 (dian gu; yuan lu xing)<br />

488 In der Kreischronik von Hanyang (Hanyang zhi) läßt sich kein Bauwerk dieses Namens nachweisen.<br />

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