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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Gehalt zu „härten“, ist es doch die subjektiv aufgenommene, persönliche Situation, die die<br />

Aussagestrukturen seiner ci weitgehend bestimmt. Während in der shi-Dichtung meist der<br />

intellektuelle Anspruch verfolgt wird, etwas über den Menschen und sein Geschick<br />

auszusagen, gewährt die ci-Dichtung die Freiheit, vom Menschen aus etwas zu sagen und<br />

seine Unterlegenheit im Leiden, auch ohne den Ausschlupf der Philosophie, in relativ offener<br />

Sprache zuzugestehen.<br />

2. Die „architektonische“ Form der man-ci<br />

Neben der Subjektivität als inhaltlichem Kontinuum wurde die Entwicklung der Gattung<br />

bis zu <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> aber auch durch strukturelle Veränderungen gekennzeichnet, deren<br />

entscheidende Zäsur die Erfindung der man-ci-Form durch Liu Yong (987-1053) war.<br />

Äußerlich unterscheiden sich diese 慢 (man) von den traditionellen ci-Formen unter dem<br />

Sammelbegriff 令(ling) durch ihre Gesamtlänge (in der Regel von neunzig Schriftzeichen an<br />

aufwärts, während die ling im Bereich von knapp über zwanzig 194 bis höchstens neunzig<br />

Zeichen liegen) und durch die deutlich ungleicheren Verslängen. Die Neuerung eines Liu<br />

Yong bestand, grob umrissen, in der Einführung eines diskursiven Sprachmodus, der die<br />

Verwendung „einleitender, verbindender und zuordnender Worte“ und damit eine<br />

„Vermischung von Gefühl und Beschreibung“ 195 erlaubte. Anders, als sein scharfer Kritiker,<br />

der um fünfzig Jahre jüngere Su Shi, hielt er sich jedoch an die eher konventionellen Stoffe,<br />

d.h. spielte mit den sentimentalen Reizen der Liebeslyrik, ohne deren Sinn auf andere Ebenen<br />

übertragbar zu machen, was ihm besonders von Gegnern <strong>des</strong> „anmutigen“ (wan-yue) Stils<br />

immer wieder vorgeworfen wurde. 196 Die auf ihn zurückgehende man-Form aber wurde zur<br />

Basis einer komplexen Entwicklung der gesamten Gattung, an deren Ende die ursprünglich<br />

schlichte Anmut <strong>des</strong> Sentimentalen (wie wir sie bei Wen Tingyun gesehen haben) durch eine<br />

Struktur der subtilen Vieldeutigkeit ersetzt wurde, welche Ye Jiaying die „architektonische<br />

Form“ 197 nennt. <strong>Das</strong> Wesen dieser „architektonischen Form“ bestand vor allem in einem<br />

höheren Grad der Bewußtheit, mit der verschiedene Ebenen, wie der musikalische Modus,<br />

prosodische Elemente, Anspielungen auf aktuelle Ereignisse etc. aufeinander bezogen<br />

wurden. Der Gefühlsausdruck bestimmte die Form allmählich weniger unmittelbar, sondern<br />

wurde selber Gegenstand eines dichterischen Spiels mit hoher sprachlicher und musikalischer<br />

Sensibilität. <strong>Das</strong> abschließende Textbeispiel, an dem wir vorerst nur die Verknüpfung<br />

194 Zu dieser knappesten ci-Form zählt etwa das oben übersetzte Gedicht <strong>des</strong> Wen Tingyun mit 23 Zeichen.<br />

195 Ye; Female Voice; S. 140<br />

196 ebenda<br />

197 ebenda; S. 146<br />

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