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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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sich - wird einmal von der bloßen Wiederholung untereinander nicht zusammenhängender<br />

Gedichtgegenstände abgesehen - tatsächlich mehr von gelegentlicher Inspiration, als von<br />

Gedanken, die ein inhaltliches Konzept verlangen, leiten gelassen zu haben. Dieses läßt auch<br />

schon die zentrale Stelle seines kurzen Vorwortes vermuten, die aus unserer Perspektive<br />

einem Motto gleichkommt:<br />

„Sobald mir draußen auf freiem Feld etwas begegnete, schrieb ich es<br />

augenblicklich als Vierzeiler auf“<br />

野外即事輒書一絕<br />

Die Zyklen <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s sind dagegen auch ohne die Nachweisbarkeit eines Leitmotives,<br />

wie in „Gedichte über das Reisen von einst“, durchweg als komplexe Ausdrucksformen einer<br />

die Inhalte aufeinander abstimmenden, subjektiven Wahrnehmung konzipiert. In der Regel<br />

sind sie, neben der formalen metrischen Basis, durch situative, räumliche oder zeitliche<br />

Rahmenmotive verbunden, wie die Titel der drei größeren Zyklen unter den Sieben-Silben-<br />

Vierzeilern aussagen 132 : „In der Neujahrsnacht kehre ich vom Steinsee an den<br />

Trompetenjasminbach zurück“ 除夜自石湖歸苕溪, „Gelegentliche Gesänge während <strong>des</strong><br />

Aufenthaltes am Seeufer“ 湖上寓居雜詠 und „Zehn Improvisationen auf das Lampignonfest“<br />

觀燈口號十首. Trotz ihrer eindeutigen Präsenz greifen die Rahmenmotive nicht in die<br />

Eigenständigkeit der einzelnen Texte ein, was sie von einem Leitmotiv wie „einstige Reisen“<br />

昔遊, ohne <strong>des</strong>sen überspannende Funktion mehrere Einzeltexte <strong>des</strong> Zyklus weniger<br />

Aussagekraft hätten, unterscheidet. Häufig finden sich in Texten, die nah beieinanderliegen,<br />

oder deren Positionen innerhalb <strong>des</strong> Zyklus sich formal entsprechen, Parallelstellen und<br />

inhaltliche Querverweise, die den thematischen Kontext über das einzelne Gedicht hinaus<br />

erweitern. Dabei wird die zyklische Form jedoch bewußt so offen gelassen, daß manche<br />

Inhalte zwar als Variationen gleicher Themen angesehen werden können, sich aber nicht zu<br />

einer dramatischen Folge zusammenschließen lassen. Zum Beispiel weisen die folgenden<br />

beiden Gedichte aus dem Zyklus „Gelegentliche Gesänge während <strong>des</strong> Aufenthaltes am<br />

Seeufer“ in den jeweils letzten Versen eindeutig Parallelstellen auf, die, wohl absichtlich<br />

verhalten, dasselbe Motiv - die Erinnerung an ein, nur noch im Geiste vereintes, Liebespaar -<br />

verraten. Den mit <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s lyrischem <strong>Werk</strong> vertrauteren Leser verlockt gerade die<br />

verhaltene Aussageform dazu, hier die Einschmelzung <strong>des</strong> sonst eher in den ci sehr<br />

ausgeprägten Motives zu vermuten. <strong>Das</strong> Motiv klingt doppelt an und ist zugleich mit<br />

verschiedenen anderen Motiven, die sich auf dem Hintergrund derselben Landschaft (Seeufer)<br />

132 Originaltexte in BSJ; S. 41-42 („Neujahrsnacht“), 43-45 („Seeufer“), 52-53 („Improvisationen“). Teils<br />

vollständige, teils exemplarische Auswahl mit Anmerkung und Kommentar bei Liu Naichang (1996); S. 29-40<br />

(„Neujahrsnacht“), 67-71 („Improvisationen“), 73-79 („Seeufer“).<br />

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