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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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unveränderlich bleibt und nur einen seelischen Zustand tiefer Ungestörtheit 幽閒<br />

widerspiegeln kann. 580<br />

Nun ist nachzuprüfen, in welcher Weise das Gedicht selber diesen verborgenen<br />

Berührungspunkt von konkreter äußerer und abstrakter innerer Wirklichkeit in seine Sprache<br />

umzusetzen sucht. Zu Anfang war bereits vorgeschoben worden, daß eine bewußte Lösung<br />

von inhaltlichen Bezugspunkten den sprachlichen Modus allgemein charakterisiert. Liu weist<br />

nach, daß eine ganze Anzahl von Textstellen gezielt eine Irritation <strong>des</strong> Lesers gegenüber<br />

vermeintlich anzunehmenden Inhalten bewirken. Schon die ersten beiden Verse erzeugen<br />

untereinander eine gewisse Verwirrung, denn das metrisch knapp und einprägsam formulierte<br />

Bild <strong>des</strong> einzelnen Kahns, den Blütenpracht bedrängt, steht zunächst für einen unmittelbaren,<br />

starken sinnlichen Eindruck, während der darauf folgende, auffallend lange Vers nicht nur<br />

nach einer weit zurückliegenden Erinnerung ausholt, sondern mit dem Bild vom Entenpaar,<br />

das vor allem die Treue der Liebenden symbolisiert, eher ein geistiges als ein sinnliches<br />

Element betont, ohne daß sich der Zusammenhang der beiden aus dem Kontext erklären ließe.<br />

Zudem stehen die beiden Anfangsverse fast isoliert vor dem Rest <strong>des</strong> Gedichtes. Was danach<br />

folgt, greift die mögliche Erinnerung an eine Liebschaft nicht mehr direkt auf, sondern ist<br />

ausschließlich Beschreibung der Wasserlilien an einem, im lyrischen Text nicht näher<br />

identifizierbaren Ort. 581<br />

Etliche Verse, unter denen Liu die wichtigsten hervorhebt, zeichnen sich durch<br />

semantische oder syntaktische Vieldeutigkeiten aus, die ich hier in zwei Kategorien einteilen<br />

möchte: erstens, die auf der bildhaften Vorstellung beruhende (imaginative) Vieldeutigkeit<br />

und zweitens, die aus Lücken im größeren Sinnzusammenhang resultierende (kontextuelle)<br />

Vieldeutigkeit. Da die zur ersten Kategorie zu zählenden Textstellen unmittelbarer auf den<br />

Rezipienten wirken und so die Aufmerksamkeit für jene der zweiten Kategorie erst wecken,<br />

werden sie vorgezogen.<br />

Fast alle Verse, die die herabgefallenen Blüten und Blätter der Wasserlilien direkt<br />

beschreiben, rufen bei dem mit der ci-Dichtung vertrauten Rezipienten unwillkürlich die<br />

Assoziation einer Tänzerin hervor. Ausdrücke wie Schmuck und Kleid mit Wind und Well’n...<br />

580 Eine ähnliche Auffassung scheint auch Lin in seiner Textinterpretation zu vertreten:<br />

“The preface clearly <strong>des</strong>cribes <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>’s experience with the lotus flowers in three diffrent places - Wuling,<br />

Wuxing and the West Lake. The lyric song, which is a song on the object of the lotus blossom, however,<br />

remains a general symbol of his experience, completely devoid of specific reference to the above<br />

places.“(Transformation; S. 131)<br />

581 Weder der Ausdruck drei Dutzend Ufer (Vers 3), den wir schon aus “Mitleid mit Blütenkleidern” (vergleiche<br />

S. 326) kennen, noch die Südbucht (Vers 14) deuten auf eine namhafte Kulisse als Teil der Wahrnehmung im<br />

Gedicht, sondern lösen eher assoziative Momente aus. So steht auch in Vers 14 der West (wind), als Bote <strong>des</strong><br />

Herbstes, im Gegensatz zur Südbucht, deren Name auf die dem Sommer zugeschriebene Himmelsrichtung<br />

verweist.<br />

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