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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Augenblicks war’n wir in andern Gewässern,<br />

<strong>Das</strong> eine Leben aus zehntausend Toden gerettet.-<br />

Jetzt sahen wir erst, daß die Bootsmatten trieften<br />

Und die Suppe war aus den Bechern verschüttet.<br />

須臾入別浦<br />

萬死得一生<br />

始知茵席濕<br />

盡覆杯中羹<br />

Der „Neunerberg“ ¤E¤s bzw. Neun-Pferde-Berg ¤E°¨¤s konnte weder lexikalisch,<br />

noch mit Hilfe von Ortschroniken lokalisiert werden. Es wäre demnach auch denkbar, daß<br />

hier von einer Gipfelgruppe die Rede ist, die der Dichter mit einem selbsterfundenen Namen<br />

bedenkt; die beiden Varianten verstärken diese Wahrscheinlichkeit sogar noch. Jedenfalls ist<br />

die Gebirgsformation in den Versen 1 bis 14 der einzige Rückhalt einer unsteten Perspektive.<br />

Doch schon die Anfangsverse lassen von diesem Rückhalt nichts Gutes ahnen, denn das im<br />

Anblick der Grate lebendig werdende Bild der Pferde, die einzeln vom Dongtingsee stieben,<br />

sagt die Katastrophe bereits voraus, das vermeintliche Glück (Vers 4) ist nur ein zeitweiliges<br />

Atemholen innerhalb eines ruhlosen Reisens. 472<br />

Im folgenden wurde der Text für die Übersetzung bewußt nach den einschneidendsten<br />

Wechseln der Perspektive zäsiert. Dadurch zeigt sich am Anfang jeder Strophe der Einsatz<br />

zeitbezogener Adverbien wie jäh / 忽(Vers 5), grad’ / 政 (Vers 10); Im Augenblick /<br />

須臾(Vers 15). Mit diesen Zeitsprüngen verändert sich die Wahrnehmung der Landschaft,<br />

erst situativ - wo die Wellen eben blieben, werden aus ihnen Hänge und Mulden -, dann<br />

metaphorisch und zuletzt, indem ein weiterer Zeitsprung die Zufälligkeit <strong>des</strong> Entrinnens aus<br />

der Gefahr herausstreicht, mit direktem Bezug auf die Wahrnehmung selber. In den Versen 15<br />

bis 18 wird die ganze Spanne <strong>des</strong> vorher Geschehenen zum Bloß-so-Gesehenen, zur Illusion<br />

reduziert. Letztere, die sich bis dahin auf so dramatische Art entwickelt hatte, bleibt nun<br />

vollkommen aus, wie eine Luftspiegelung. Ebenso ist der Ort jetzt unbestimmter denn je: in<br />

andern Gewässern / 別浦 steht keine Fortsetzung eines eben noch anscheinend<br />

zielgerichteten Weges, kein Wiederfinden einer ursächlichen Intention in Aussicht. Doch jetzt<br />

gerade scheint die Wahrnehmung am gründlichsten aus ihrem Umherirren in der<br />

unberechenbaren landschaftlichen Weite befreit, jetzt verweilt sie müde-beruhigt im<br />

Bootsinnern, wo triefende Bootsmatten und umgestoßene Becher an das gemütliche<br />

Beisammensitzen der Passagiere vor dem Sturm erinnern. <strong>Das</strong> Unberechenbare wird somit<br />

jenseits der Bilder angedeutet, deren Deutung bleibt aber ebenso offen wie das Schicksal der<br />

Reisenden.-<br />

472 In Gedicht 2 waren die Bootsreisenden schon einmal durch Sturm in den Schiffbruch getrieben worden.<br />

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