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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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ekanntlich war qi schon ehedem in seiner obengenannten Grundbedeutung auf die<br />

moralische Integrität der Persönlichkeit anwendbar gewesen. Die entscheidende<br />

Neubewertung <strong>des</strong> Begriffes durch Cheng Yi, gegen Ende der Nördlichen Song, fand vorerst<br />

nicht im literarischen Kontext statt, sondern geschah im Zuge von <strong>des</strong>sen Entwicklung einer<br />

neuen rationalen Methode, das Wesen der Weisen nicht nur durch den vermeintlichen Sinn<br />

ihrer Worte, sondern durch die genaue Beachtung der von ihnen überlieferten<br />

Verhaltensweisen und ihrer individuellen Persönlichkeiten zu erforschen. 322 Bei Zhu Xi wird<br />

dann nicht nur besonders häufig auf qi xiang zurückgegriffen, sondern seine Bedeutung wird<br />

vor allem in verschiedene Kontexte, darunter auch der literarische, eingebunden.<br />

Unmittelbar relevant für den Vergleich mit <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> wird die Prägung <strong>des</strong> Begriffes<br />

jedoch erst, wenn sie im Kontext der Poetik in Erscheinung tritt, und hier bieten Yan Yu - und<br />

nicht zuletzt auch noch Yang Wanli - die Möglichkeit einer differenzierteren Betrachtung.<br />

Yan Yu verwendet qi xiang besonders häufig, nämlich in nicht weniger als sieben<br />

Abschnitten seiner Poetik. 323 Bei der erstmaligen Erwähnung (in § 8 <strong>des</strong> ersten Kapitels nach<br />

Debons Übersetzung) wird er, nicht sehr verschieden von <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s Vorgehensweise,<br />

gemeinsam mit vier weiteren Binomen zu „fünf Prinzipien der Dichtung“ aufgereiht. Im<br />

weiteren Verlauf <strong>des</strong> Textes fällt auf, daß Yan Yu aus dieser Fünffach-Terminologie einzig qi<br />

xiang mehrmals wiederholt, die anderen Begriffe werden entweder ganz fallen gelassen oder<br />

kommen nur noch vereinzelt wieder vor. 324 Bezeichnend für den durchaus dogmatischen<br />

Charakter von Yan Yus Theorie ist nun, daß qi xiang ausschließlich zur Unterscheidung und<br />

Bewertung epochaler und persönlicher Stilrichtungen verwendet wird und daß zunächst,<br />

selbstverständlich ganz im Sinn der Lehre von einer reinen Dichtung, das qi xiang der Tang-<br />

Dichter als Maßstab für alle anderen festzustehen hat:<br />

Um die (Dichtung der) Tang-Menschen mit der Dichtung unserer eigenen Dynastie (zu<br />

vergleichen, braucht man) noch nicht einmal ihr handwerkliches Können oder Unvermögen<br />

zu erörtern: Ihr geistiges Gepräge (qi xiang) ist einfach anders. 325<br />

Für Yan Yu also liefert eindeutig die Dichtung der Tang-Zeit, genauer der sogenannten<br />

Tang-Blütezeit (sheng Tang), einen objektiven Maßstab - und das etwa nicht nur in formaler<br />

322 „To recognize the qi xiang of a sage or a worthy is to recognize the outward manifestation of his<br />

personality.... To experience such an aura of a sage can help a student emulate him. The observation of a sage’s<br />

qi xiang, therefore, provi<strong>des</strong> the rationalistic one more empirical approach than introspection alone to the<br />

problems of knowledge and self-cultivation.“ (Treatises; S. 302)<br />

323 Vergleiche Debon; Ts’ ang-lang; §§ 8, 57, 62, 67, 90, 117 und 121<br />

324 ebenda; S. 122, Anmerkung 49<br />

325 ebenda; § 57, S. 86<br />

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