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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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dem Wanderer, sondern ein „wirklicher“ Unsterblicher. 513 Die Grütze aus Liliensamen, die<br />

beide vor dem Abschied gemeinsam essen, galt als eine bevorzugte Speise frommer<br />

Daoisten 514 und ist ein klares Indiz für ein Leben nach den Statuten der Religion.<br />

Parallelen zum Gedicht finden sich auch in der Durchsetzung <strong>des</strong> Geschehens mit<br />

überraschenden Momenten, die die Begegnung in ihren Einzelheiten, so tief sie auch auf den<br />

Wanderer wirkten, zufällig erscheinen lassen. Alles was ihn mit dem anderen zusammen- und<br />

wieder von ihm fortführt, ereignet sich aus seiner Sicht unerwartet, angefangen vom<br />

Entdecken der Wohnstätte und ihres Bewohners bis zu dem unerklärlichen Verschwinden <strong>des</strong><br />

Dorfalten am Fuß <strong>des</strong> Berges, der sein Wissen nicht preisgibt. Hat sich der Alte zufällig im<br />

Gedränge der Einheimischen verloren oder waren höhere Mächte im Spiel? Auch diese<br />

Undurchsichtigkeit erinnert an die Reiseschicksale <strong>des</strong> Zyklus, wo in den Naturgewalten<br />

einerseits höhere Mächte wirksam schienen, andererseits aber ebenso eine stellenweise fast<br />

banal anmutende Alltäglichkeit ihren Platz behaupten konnte.<br />

Der Höhepunkt der Überraschungen, zum großen Schrecken gesteigert, befindet sich<br />

nicht unbeabsichtigt in der Mitte <strong>des</strong> Textes. Er bedeutet eine Wende aus doppelter Sicht:<br />

Dem Wanderer wird spontan klar, daß sein Gegenüber kein bloßer Suchender mehr ist,<br />

sondern tatsächlich eine Lebensdauer erreicht hat, die weit über alle gewöhnlichen,<br />

menschlichen Erwartungen erhaben ist. Von daher kann er nicht mehr an der Weisheit und<br />

Heiligkeit <strong>des</strong> Unbekannten zweifeln. Dem intendierten Leser - demjenigen Leser also, der in<br />

die poetologischen Debatten und Probleme <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s und seiner Zeitgenossen eingeweiht ist<br />

- muß bei der Nennung <strong>des</strong> Geburtszeitraumes (1141-1148) unweigerlich der Gedanke an den<br />

Dichter Huang Tingjian (geboren 1145), den geistigen Ahnen der <strong>Jiang</strong>xi-Schule, kommen.<br />

Der Einblick in die Vorworte zur shi-Ausgabe hat uns gezeigt, daß Huang in <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s<br />

poetischem Werdegang unbestreitbar die wichtigste Autorität darstellte und daß die<br />

Bewunderung seiner Dichtkunst auch nach der Selbstbefreiung von dieser Autorität nicht<br />

nachgelassen hatte.<br />

Auf diesem Hintergrund kann der Bericht als poetischer Versuch, das Verhältnis<br />

zwischen dem unvollkommenen Subjekt und dem vollendungsgleichen Vorbild, zwischen<br />

dem Dichter und seinem heilig verehrten, geistigen Ahn, als entscheidende, aber nicht<br />

erzwingbare Begegnung zu beschreiben, interpretiert werden. Er erfüllt damit einen ähnlichen<br />

513 Die Bezeichnung scheint eher selten vorzukommen. Als einzige bekanntere Fundstelle wird das Huai nan zi<br />

(um 150 v.Chr.) angegeben. (siehe: ZWDCD:31508.4.1) Dort wird berichtet, wie ein gewisser Lu Ao, Gesandter<br />

<strong>des</strong> Qin Shi Huang Di, mit dem Auftrag, ein Rezept zum ewigen Leben für den Kaiser zu finden, in den hohen<br />

Norden reist und dort auf dem Berg „Palast der Dunkelheit“ ¥ÈÂö einem ruoshi begegnet. Dieser straft den<br />

Anmaßenden jedoch mit Gelächter und Spottreden hart ab, bevor er sich in den Wolken verflüchtigt. (Huainan<br />

zi, Dao ying xun; in: Si bu bei yao; J. 12, 15)<br />

514 ZWDCD:48904.969<br />

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