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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Einzelschicksal, <strong>des</strong>sen Wege doch scheinbar längstens abseits vom öffentlichen Geschehen<br />

in müßigen Beschäftigungen verliefen. <strong>Das</strong> Ereignis <strong>des</strong> Stadtbran<strong>des</strong> - im Gedicht nicht<br />

erwähnt - wird zum Symbol einer unbezwinglichen Schicksalsmacht, die selbst den stillen<br />

Eskapisten letztlich doch wieder in den Strudel zeitlicher Unruhen zurückreißt. Am Ende<br />

aber, wenn auch das letzte Klagelied ausgesungen ist, bleibt noch das leere, unveränderliche<br />

Bild <strong>des</strong> schweigenden vollen Mon<strong>des</strong>, das schon einmal an derartig exponierter Stelle,<br />

nämlich im Schlußvers <strong>des</strong> achten Gedichtes in “Gedichte über das Reisen von einst”,<br />

begegnet war. 611 Auch dort war eine Spannung zwischen Ich und Zeitgeschehen vielschichtig<br />

thematisiert worden, wobei die Ich-Person in einem Widerspruchsverhältnis zum<br />

biographischen Ich stand, das bis zum Schluß nicht gelöst wurde.<br />

Parallelen in der inhaltlich-gedanklichen Konzeption einzelner <strong>Werk</strong>e lassen sich also,<br />

über starke stilistische Unterschiede hinweg, im gesamten dichterischen <strong>Werk</strong> <strong>des</strong> <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong><br />

nachweisen. Er handhabte die einzelnen Formen der Dichtung, seinen Vorlieben folgend, mit<br />

meisterhaftem Geschick, suchte aber sein Ideal <strong>des</strong> “Lebendigen Wirkens”, in der eine sich<br />

nicht den konventionsgebundenen Gesetzen der Entsprechung von Form und Inhalt<br />

verpflichtende, inhaltliche und teils formale Gestaltungsfreiheit das oberste Ziel war, in allen<br />

poetischen Formen durchzusetzen. Durch einen Umwandlungsprozeß, der Erlebtes nach<br />

abstrakten Gesichtspunkten anders zusammensetzt, entstehen zumeist jene Bruchstellen,<br />

durch die dichterische Wahrnehmung, trotz <strong>des</strong> eher konservativen Umgangs mit poetischen<br />

Formen - die ci auf selbstkomponierte Melodien stellen hier die größte Ausnahme dar -,<br />

irritiert und erneuert wird. In der von <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> andauernd neu entworfenen, inhaltlichen<br />

Abstraktion wird ursprünglich Erlebtes, wie James Y. Liu sagt, “verdünnt” und erhält eine<br />

geistige Transparenz, die der Einengung durch sprachliche Konventionen und Traditionen<br />

zuvorkommt. So hat <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> seiner Generation, den unmittelbar folgenden und allen, die<br />

sich bis heute noch für Dichtung der Song-Zeit interessieren, ein schwieriges und<br />

eigensinniges <strong>Werk</strong> hinterlassen. Es sind die intellektuellen Gegenströmungen seiner Zeit, die<br />

Forderung nach persönlichem und gehaltvollem Bekenntnis <strong>des</strong> <strong>Dichters</strong> und die Entwicklung<br />

einer feineren, geistigeren und damit weniger am „Erlebniston“ orientierten Ästhetik, die sich<br />

darin zu einem nach wie vor für problematisch gehaltenen Stil mischen. Möglicherweise<br />

können die hier gewonnenen Erkenntnisse und Annäherungen mit dazu führen, daß die im<br />

Bewußtsein ihrer eigenen Krise gereifte, auf der oft quälenden Suche nach geistigem Leben<br />

611 Drittes Kapitel; S. 261<br />

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