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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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läßt. 593 Was spricht aber nunmehr im Text selber noch dafür, daß der Dichter einen<br />

literarischen Frauennamen verwendet, um in Wahrheit eine persönliche Geschichte anonym<br />

zu erzählen? Die Schmerzen einer vor dem Leser geheimgehaltenen, früheren Liebe, für die<br />

die Stadt Hefei als symbolischer Ort herhalten soll, können an diesem Text nur denjenigen<br />

beschäftigen, der sie ungeachtet <strong>des</strong> Textes annimmt. Um dem Gedicht einen inhaltlichen<br />

Erzählrahmen zu unterstellen, muß über einige wichtige Details in Struktur und Inhalt, durch<br />

die diese lyrische Beschreibung der Stadt Hefei noch in ganz anderen Zusammenhängen<br />

erscheinen kann, hinweggesehen werden.<br />

<strong>Das</strong> soll natürlich nicht geschehen. Werden einige inhaltlichen Strukturen, die Vorwort<br />

und Gedicht verbinden, genauer betrachtet, so fällt vor allem auf, daß eine bewußte<br />

Diskrepanz zwischen Hefei in einsamer Umgebung nahe der Nordgrenze und den vor<br />

kriegerischen Einfällen sehr viel sichereren, dicht bevölkerten Gegenden am Unterlauf <strong>des</strong><br />

Yangzi (bzw. in <strong>Jiang</strong>nan) hergestellt wird. Die Einspannung der Inhalte in eine poetische<br />

Topographie erhält hier vor anderen, nicht rein formalen Strukturelementen den Vorrang.<br />

Dieses hat vor allem vom Standpunkt <strong>des</strong> Fremden (ke), als den sich das Textsubjekt im<br />

Vorwort bezeichnet, eine Bedeutung, denn der durchreisende Nicht-Einheimische betrachtet<br />

die Orte zunächst für sich und ordnet sie dann eigenen Kategorien zu. Kalte Einsamkeit 淒涼<br />

(qi liang) ist nicht nur hier die örtliche Eigenschaft, die Hefei beim ersten Eindruck zu<br />

charakterisieren scheint, sondern wird auch im Titel und Text <strong>des</strong> im selben Jahr<br />

geschriebenen man-ci “Kalte Einsamkeit - eine Modulation” (Qi liang fan) als die der Lage<br />

und Stimmung der Stadt angemessene emotionale Umschreibung aufgegriffen. Der im<br />

Vorwort hinzugefügte Satz das war anders als am Unterlauf <strong>des</strong> Yangzi, findet ein klares<br />

Echo in Vers 5, dem Abschluß der ersten Strophe: <strong>Das</strong> alles kenne ich in <strong>Jiang</strong>nan seit alten<br />

Zeiten. Gemeint sind hier Flaumgelb und zartes Grün, die im vorigen Vers 4 den ebenfalls<br />

schon im Vorwort angedeuteten Eindruck der reizenden Weiden konkreter wiedergeben. Vers<br />

5 ist auf die, nicht direkt in ihm ausgesprochene Verschiedenheit der örtlichen Umgebungen<br />

in Hefei und <strong>Jiang</strong>nan zu deuten; d.h., der Text hebt die Einsamkeit und Kälte Hefeis durch<br />

den Kontrast zur Menschenfülle und dem milderen Klima <strong>Jiang</strong>nans besonders hervor. Der<br />

intendierte Inhalt <strong>des</strong> Verses wäre also dem Wortlaut hinzufügbar: <strong>Das</strong> alles kenne ich in<br />

<strong>Jiang</strong>nan (wo man es mitten im Menschentreiben und unter freundlicherem Himmel erblickt)<br />

schon seit alten Zeiten. Trotz dieser spürbaren Spannung, die in der Beschreibung <strong>des</strong> Ortes<br />

liegt und die durch das topographische Verhältnis zu <strong>Jiang</strong>nan noch deutlich zunimmt, bleibt<br />

sie bis ans Ende der Strophe ohne deutliche inhaltliche Bezugspunkte.<br />

593 JBS; S. 35-36.<br />

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