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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Dichtungsgattungen nicht nur eine eigene Schule, die starken Einfluß auf spätere<br />

Generationen übte, sondern brachte durch seinen poetischen Stil die Regeln der Dichtkunst so<br />

unmittelbar mit der Spontaneität der Ideen zusammen, daß der heutige Leser noch einen<br />

Moment der Gegenwart darin wiederfinden kann.<br />

Aus diesen Gründen bleibe ich hier darum bemüht, die lyrischen Gattungen, trotz ihrer<br />

im allgemeinen unterschiedlichen Bewertung durch die Literaturwissenschaft,<br />

gleichberechtigt zu behandeln. Eine Bewertung im Sinne eines nivellierenden Vergleichs mit<br />

anderen Dichtern seiner Generation wird prinzipiell nicht angestrebt. Dazu ist auch der<br />

gegenwärtige Forschungsstand ungeeignet, da in der westlichen Sinologie seit Jahrzehnten<br />

immer nur vereinzelt größere Arbeiten zur lyrischen Dichtung der Südlichen Song (1127-<br />

1279) erscheinen und die chinesische Literaturwissenschaft bislang großteils eine<br />

Terminologie verwendet und Maßstäbe anlegt, die von der hier vertretenen<br />

Betrachtungsweise zu verschieden sind. Dennoch wird in konkreten Fällen auf stilistische<br />

Vergleiche besonders mit Dichtern <strong>des</strong> Kreises, in dem <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> über Jahrzehnte verkehrte,<br />

zurückgegriffen, um ein individuelles <strong>Werk</strong> aus dem literarischen Geist <strong>des</strong> Zeitalters<br />

begreifen zu können.<br />

Bevor hier der allgemeine Ansatz weiter erläutert wird, sollen vorab grundlegende<br />

Aspekte der modernen Rezeption <strong>des</strong> <strong>Werk</strong>es zur Sprache kommen.<br />

I. Die Absicht einer kritischen Annäherung in Xia Chengtaos Ausgabe der ci von 1967<br />

Der nachhaltige Einfluß, den <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> durch sein poetisches <strong>Werk</strong> und vor allem als ci-<br />

Dichter auf die Lyrik späterer Jahrhunderte ausübte, steht im Gegensatz zu seiner<br />

Anerkennung als Person durch die Literaturgeschichte. Noch fragmentarischer als sein <strong>Werk</strong><br />

sind die biographischen Fakten. Der Gelehrte ohne Stellung, der Dichter mit dem Ruf eines<br />

außergewöhnlichen Künstlers, doch scheinbar ganz ohne die Bürde der Verantwortung, als<br />

welcher <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> seinen Zeitgenossen galt, taugte bestenfalls als Figur am äußersten Rand<br />

einer Historiographie, die das Moralisieren längst noch nicht verlernt hatte. Von deren<br />

Schatten nie ganz unberührt, mußte sowohl dem Dichter als auch <strong>des</strong>sen <strong>Werk</strong> der<br />

Geschmack <strong>des</strong> Dekadenten, Narzißtischen, <strong>des</strong> Gefährlich-Schönen anhaften: ein geeigneter<br />

Nährboden zur Bildung parasitärer Legenden, denen die moderne Literaturwissenschaft keine<br />

primäre Bedeutung zugestehen kann.<br />

Xia bewahrt grundsätzlich eine kritische Haltung, besonders gegenüber<br />

Legendenbildungen, die auch unter literarisch Gebildeten noch bis in unser Jahrhundert<br />

häufig übernommener Bestandteil der Wissensvermittlung über Dichter geblieben waren. Den<br />

Ruf <strong>des</strong> <strong>Dichters</strong> (und sei er noch so schmeichelhaft für den Leser!) mißt er immer sorgfältig<br />

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