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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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sich <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> von der buddhistischen Rhetorik weit entfernt. <strong>Das</strong> paradoxe Moment, das aus<br />

Sicht vieler Literaten dem dichterischen Schaffensprozeß innezuwohnen schien, durfte schon<br />

seit langem als bekannt vorausgesetzt werden; <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> scheint es darum zu gehen, dieses<br />

Moment durch eine rationale Beobachtung der beim Dichten gegen- und ineinander<br />

wirkenden geistigen Kräfte als praktische Wirkung hervorzuheben. Einzig in Abschnitt 10<br />

findet sich eine direkte Auseinandersetzung mit dem „Lebendigen Wirken“, aus der jedoch<br />

klar hervorgeht, daß von den mühsamen Anforderungen, die erfüllt werden müßen, um<br />

überhaupt erst zum Schreiben fähig zu sein, beim Schreiben selber nichts mehr zu spüren sein<br />

darf. Alles, was der Dichter zuvor unter unvorhersehbaren Schwierigkeiten in sich<br />

aufgenommen hat, soll er nun mit Leichtigkeit wieder vergessen können:<br />

學有餘而約以用之.善用詩者也.意有餘而約以盡之.善措辭者也.乍敘事而間以理言<br />

.得活法者也.<br />

Wer sich durch Nachahmen mehr als genug (angeeignet hat) und nur zurückhaltend<br />

davon Gebrauch macht, der versteht sich auf den Umgang mit den Schriften der Alten. Wer<br />

mehr als genug Imagination 333 hat und diese nur zurückhaltend ausschöpft, der versteht sich<br />

auf den Gebrauch von Worten. Wer mit einmal (das Ganze) auf den Punkt bringt und sich<br />

dann Zeit lassen kann, die Worte zu strukturieren, der hat die Methode <strong>des</strong> Lebens erreicht. 334<br />

Die Drei-Satz-Ordnung dieses Abschnittes läuft erkennbar auf eine Synthese der ersten<br />

beiden Sätze durch den letzten hinaus. <strong>Das</strong> Nachahmen 學 (xue) und die Imagination 意 (yi)<br />

sollen das Gedicht auf eine zeitlose Ebene tragen, wo es sich mit den <strong>Werk</strong>en der Alten<br />

messen kann; doch eine solche doppelte Intention neigt ihrem Wesen nach unvermeidllich<br />

zum Zerbrechen der sprachlichen Form. Diese widersprüchliche Tendenz gilt es zunächst zu<br />

mäßigen, indem „Zurückhaltung“ in beide Richtungen während <strong>des</strong> Schreibprozeßes ein<br />

Vakuum schafft. Dieses Vakuum ist jedoch keine neue ästhetische Qualität, sondern<br />

entspricht im Grunde dem Stilideal der „Verhaltenheit“ 約 (yue) 335 , welches hier von der<br />

zunächst rein inhaltlichen Konzeption in eine auch sprachtechnische, auf die Virtuosität <strong>des</strong><br />

<strong>Dichters</strong> bezogene ausgeweitet wird. Übertragen in eine zeitgemäßere Sprache könnte es<br />

333 Unter „Imagination“ yi ist hier das individuelle Vermögen, sich ein Bild zu schaffen, zu verstehen. Im<br />

Gegensatz dazu steht „Nachahmen“ xue als Aneignung einer fremden Vorstellungsweise.<br />

334 BSJ; S. 67<br />

335 vergleiche Motsch, Monika; „Mit Bambusrohr und Ahle. Von Qian Zhongshus Guanzhuibian zu einer<br />

Neubetrachtung Du Fus“; Frankfurt a.M. 1994; S. 59-65<br />

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