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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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nebeneinander, wobei die shi als Ausdrucksform <strong>des</strong> „wahren Sinns“ 真意 (zhen yi), die ci<br />

dagegen eher als Gattung der Unterhaltungskunst galten. 168<br />

Erst gegen Ende der Song-Zeit entstanden theoretische <strong>Werk</strong>e - wie etwa das Ci yuan<br />

(„Ursprünge der ci-Dichtung“) <strong>des</strong> Zhang Yan -, in denen die sprachlichen<br />

Ausdrucksmöglichkeiten der Gattung auf hohem Niveau erörtert wurden und wo neben den<br />

technischen und handwerklichen Aspekten auch ästhetische Maßstäbe, wie etwa „vornehm<br />

und verfeinert“ 清空 (qing kong) und „Gehalt“, „ästhetischer Reiz“ 意趣 (yi qu) 169 , angesetzt<br />

wurden.<br />

Auch die musikalische Seite dieser lyrischen Form, die Skeptiker noch bis in das 12.<br />

Jahrhundert hinein veranlasste, sie als Unterhaltungsgenre gegenüber der shi-Lyrik zu<br />

disqualifizieren, erfährt durch das Ci yuan eine wesentliche Aufwertung, indem Zhang Yan<br />

gleich zu anfang <strong>des</strong> Buches die bekannten Tonarten in enge Beziehung zur Fünf-Elemente-<br />

Theorie setzt und sie so in den amtlichen und intellektuellen musiktheoretischen Diskurs<br />

einbindet. Was <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s eigene, teils nur fragmentarisch überlieferte und thematisch<br />

verstreute Arbeiten zur Musiktheorie betrifft, so ist beabsichtigt, sie unter diesem Aspekt in<br />

einer späteren Publikation zu behandeln. Überschneidungen seiner theoretischen<br />

Ausführungen zur Rekonstruktion der Ritenmusik mit den Erörterungen von eigenen<br />

Schwierigkeiten bei der Komposition neuer ci-Melodien bzw. beim Abstimmen von Musik-<br />

und Worttext in Vorworten zu einigen ci lassen jedenfalls darauf schließen, daß er persönlich<br />

an diesem Aufwertungsprozess der ci-Musik - und damit der ganzen lyrischen Form -<br />

beteiligt war.<br />

168 Der Ausdruck zhen yi wird in der Dichtung meist mit dem Dichter Tao Qian in Verbindung gebracht und<br />

beinhaltet das sittliche Ideal <strong>des</strong> Gebildeten konfuzianischer Prägung, das in ernsthaften Dichtungen anzustreben<br />

ist und das vor allem eine vornehme Zurückhaltung gegenüber dem eigenen Begehren voraussetzt. Nicht zuletzt<br />

von dorther mag die tendenzielle Geringschätzung der Liebeslyrik im alten China rühren. (Siehe hierzu auch:<br />

Egan; Word, Image and Deed in the life of Su Shi; S. 318-319) Dagegen scheuten auch Dichter, die innerhalb<br />

der Gattung shi jede Silbe heilig ernst nahmen, nicht davor zurück, ihre eigenen ci als „eitle Worte“ zu<br />

bezeichnen. (Siehe; Ye, Jiaying; Ambiguity and the Female Voice in Hua-jian Songs; (weiter unten zitiert als<br />

Female Voice) in: Dieselbe & Hightower, James R.(Hg.); Studies in Chinese Poetry; S. 116f.)<br />

169 Dies sind die zentralen ästhetischen Begriffe in Zhang Yans <strong>Werk</strong>. (Ciyuan shuzheng, J. 2, S. 27-35) In<br />

Hinblick auf die hier unmittelbar folgenden Vorüberlegungen ist es interessant, daß bei Zhang Yan für<br />

„vornehm und verfeinert“ <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> das herausragende Dichterbeispiel ist, während für „Gehalt“ Su Shi als<br />

Repräsentant gewählt wird. Unter den Gedichtbeispielen, die „Gehalt“ veranschaulichen sollen, finden sich auch<br />

zwei bedeutenden ci von <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>: „Dunkler Duft“ (An xiang) und „Schüttere Schatten“ (Shu ying).<br />

„Vornehm und verfeinert“ und „Gehalt“ ergänzen in der Gattungspoetik Zhang Yans einander. „Gehalt“ ist hier<br />

nicht als die ultimative Qualität der Literatur zu verstehen, mit der Dichtung auch ohne ihre rhythmische und<br />

klangliche Form noch wahre Dichtung bleibt - wie etwa in der Poetik Goethes (Ho; Einbildungskraft; S. 141-<br />

144) -, sondern er wird erst durch die „reine Form“ aus rhythmischen und klanglichen Elementen, befreit von<br />

überflüssigem Sprachmaterial, zur Substanz.<br />

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