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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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noch immer da. Und erst unter der zarten Spiegelung, die der vorabendliche Mond auf das<br />

Wasser <strong>des</strong> Kaiserkanals wirft, spielt sich die Szene in stummen Bildern ab. Die Stimmen der<br />

Vergangenheit und <strong>des</strong> intellektuell Aufgenommenen, die die Gedanken im lyrischen Text<br />

bisher vereinnahmten und festhielten, sind auf einmal verklungen, es bleibt noch eine Stimme<br />

übrig, die das Gefühl der Trauer aus einer nicht näher präzisierten Erinnerung vorträgt: <strong>Das</strong><br />

Pfingstrosen-Motiv ist Teil der Yangzhou-Topik, da die „Stadt der vierundzwanzig Brücken“<br />

für ihre unübertrefflichen Päonienzüchter berühmt war, und diese Blumen natürlich (wie viele<br />

andere Arten) den Vergleich mit Mädchen und den Gelegenheiten, bei denen man mit ihnen<br />

zusammenkam, nahelegten. Der Anfang von Vers 19, Denkt... 念, ist - wenn auch gewollt<br />

offen bleibt, ob es sich evtl. um einen Imperativ handelt - die subjektivste Wendung im<br />

ganzen Gedichttext. Die Schönheit der Blumen, von denen zu dieser Winterzeit vorort nichts<br />

zu sehen ist, entsteht, ohne Beziehung zum Schicksal <strong>des</strong> Menschen, Jahr für Jahr aufs Neue;<br />

die Traurigkeit, von der die Rede ist, hat also im Grunde keinen äußeren Gegenstand und die<br />

Erinnerung verliert sich in sich selbst. <strong>Das</strong> sind die Worte aus tieferem Sinn (shen qing;<br />

Anmerkung 233), zu denen Du Mu trotz seiner dichterischen Talente keinen rechten Bezug<br />

fand, da er zu sehr an den Gegenständen seiner Erinnerung (den verführerischen Mädchen)<br />

hing. Die Substanz- und Gefühllosigkeit <strong>des</strong> Schönen, seine Unbesitzbarkeit, entgeht den<br />

sentimentalen Liebesklagen Du Mus (oder vielmehr der Yu Ye zugeschriebenen Legende, in<br />

der jene bloß eine Funktion erfüllen?). Für <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> endet die poetische Auseinandersetzung<br />

mit dem Yangzhou-Topos an der bewußten Schwelle zum Nichts: weltliche Macht, negiert im<br />

Bild <strong>des</strong> Hörnerschalls zwischen Stadtmauern (Vers 11) und die Pracht und Schönheit der<br />

Blumen (Frauen), zwar stetig wiederkehrend, aber für niemanden, der sie behalten darf (Vers<br />

20).<br />

Der persönliche Ton <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s fällt nicht, wie oft bei Su Shi, mit einer persönlichen<br />

Aussage oder gar einem Bekenntnischarakter zusammen, sondern tendiert, durch die<br />

Auflösung zur Mehrstimmigkeit, gerade in die entgegengesetzte Richtung. Die Beziehbarkeit<br />

der Aussage auf ein Ich wird vermieden und erscheint dadurch subjektiv-flexibel. In<br />

„Yangzhou“ steht sie in einer emotionalen Spannung zwischen einst und jetzt, die<br />

Interpretierbarkeit als persönliche Aussage verbleibt aber, trotz der zeitlichen und räumlichen<br />

Zuordnung durch Vorwort und Gedichttext, im abstrakten Bereich, da sich im Umgang mit<br />

den einzelnen Motiven kein diese verbindender, persönlicher Hintergrund feststellen läßt.<br />

<strong>Das</strong> Pfingstrosen-Motiv deutet weder auf eine einstige (Du Mu) noch auf eine jetzige<br />

(Kriegsverwüstung) Wirklichkeit, wie sie vom Dichter-Ich in seiner äußeren Lage<br />

(Durchreise) und in seinem literarischen Gedächtnis (Yangzhou-Topos) tatsächlich<br />

wahrgenommen und überdacht wird. Es enttäuscht die, vielleicht stillschweigend gegebene<br />

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