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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Beim Gelben-Kranich-Felsen gleich, wo spät ein Boot noch überquert,<br />

Jagt Wind die Weidenblüten und das kleine Segel vor sich her.<br />

Ein Ton nur aus dem Langen Rohr macht Fische und Drachen tanzen.<br />

Die weißen Wellen, hoch wie Berge, dulden keine Heimkehr mehr.<br />

黃鶴磯邊晚渡時<br />

柳花風急片帆飛<br />

一聲長笛魚龍舞<br />

白浪如山不肯歸<br />

<strong>Das</strong> Geschehen innerhalb dieser Verse ist an einen in der traditionellen Dichtung<br />

durchaus bekannten Ort gelegt. Der Turm <strong>des</strong> Gelben Kranichs (Huang he lou), im Distrikt<br />

Wuchang, wenige Flußreisestunden stromabwärts von <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s Heimat Hanyang errichtet,<br />

ist der Legende nach ein Denkmal für einen daoistischen Heiligen, der an dieser Stelle als<br />

Kranich in die Unsterblichkeit aufgeflogen sein soll. Unter den Dichtern, die den<br />

Legendenstoff während der Tang-Zeit poetisch prägten, sind vor allem Cui Hao (gest. 754)<br />

und Li Bo (701-762) zu nennen 119 . In den Dichtungen beider sind Abschied, Trennung und<br />

das Zurückbleiben <strong>des</strong> einzelnen <strong>Dichters</strong> auf oder am Turm die Motive. Li Bo dichtete in<br />

derselben Form wie <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>, und bei ihm finden sich mehrere inhaltliche Einzelheiten, die<br />

deutlich werden lassen, daß <strong>Jiang</strong> auf das Gedicht Li Bos anspielt, ohne wörtliche Zitate zu<br />

verwenden, ein Verfahren, das in der Poetik jener Zeit ²æ-L, „den Embryo (aus dem<br />

Mutterleib) lösen“, genannt wurde. Obwohl bereits zahlreiche andere Versuche zugänglich<br />

sind, gebe ich diesen Vierzeiler hier in einer eigenen Übersetzung zum Vergleich. Es ging mir<br />

darum, Inhalte und Strukturen beider Texte auch in den Übersetzungen vergleichbar zu<br />

machen.<br />

MENG HAORAN ZUM GELEIT NACH GUANGLING 120<br />

Am Turm <strong>des</strong> Gelben Kranichs, wo der Freund vom Westen scheidet,<br />

Durch Dunstblüten im dritten Mond stromab nach Yangzhou gleitet,<br />

Und sein Waisensegel sich im leeren Himmelsraum verliert:<br />

Seh’ ich nur noch den Yangzi, der zum Horizont sich weitet.<br />

送孟浩然之廣陵<br />

故人西辭黃鶴樓<br />

煙花三月下揚州<br />

孤帆遠影碧空盡<br />

惟見長江天際流<br />

Die für den zeitgenössischen Leser unzweifelhafte Bezugnahme auf Li Bo geschieht nicht<br />

nur durch den Hinweis auf den Turm <strong>des</strong> Gelben Kranichs und die Vorüberfahrt eines Bootes.<br />

Zunächst enthalten beide Komponenten jedoch eine klare thematische Vorgabe, die wiederum<br />

119 Die entsprechenden Gedichte sind aufgenommen in TSS; J. 4, Nr. 1 & J. 6, Nr. 8. Übersetzungen ins<br />

Deutsche finden sich u.a. in: Klöpsch; Der seidene Faden; Nr. 93 & Nr. 123<br />

120 Außer bei Klöpsch findet sich das Gedicht auch in: Debon; Chinesische Poesie; S. 98 Beide werden aus<br />

einer Strophe im Original zwei in der Übersetzung.<br />

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