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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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„studierte das Dao“; xue dao) meint die Vervollkommnung der Kunst der sittlichen<br />

Selbstkultivierung und <strong>des</strong> moralischen Handelns in staatlichen Funktionen (dao yi) durch<br />

Bildung in Riten, Musik, Bogenschießen, Wagenlenken, Literatur und Mathematik, die in den<br />

frühen konfuzianischen Schriften gefordert und von den Song-Philosophen neu erforscht<br />

wurde. 509<br />

Was wir über den Einsiedler und seinen geheimnisvollen Aufenthaltsort erfahren, ist<br />

wenig, aber gerade genug, um sicher zu sein, daß das Ziel, an dem sich der Reisende nun<br />

endlich wiederfindet, gewiß keine daoistische Klause, sondern vielmehr der Rückzugswinkel<br />

eines Gelehrten ist, der, ohne religiöse Ambitionen, durch private künstlerische Tätigkeit sein<br />

Selbst pflegt. Mit der Qin und dem Schachspiel sind stellvertretend zwei der „vier Künste“<br />

(四藝 510 ) genannt, derer sich der ideale Gebildete frei bedienen konnte - nicht zuletzt auch,<br />

um gegebenenfalls unvermeidlichen Bedrohungen durch die Außenwelt entwischen zu<br />

können. Daß ein solcher Hintergrund hier eine Rolle spielt, ist nach den vielen Hinweisen<br />

darauf, daß am wiederholten Scheitern <strong>des</strong> Reise-Ichs, neben <strong>des</strong>sen persönlicher<br />

Unzulänglichkeit als auf sich gestelltes Individuum, auch die Undurchsichtigkeit der<br />

politischen Ereignisse wesentlichen Anteil hat, leicht nachzuvollziehen. Die Bezeichnung <strong>des</strong><br />

Heng-Gebirges als Daoistentempel deutet demnach ein Faktum an, das zum Schlüssel für die<br />

Gesamtinterpretation <strong>des</strong> Zyklus wird. - Der „Daoismus“ wird lediglich als äußere<br />

Verkleidung eines realen Wesens vorgeführt, das sich im Innern <strong>des</strong> Gebirges versteckt hält.<br />

Der Greis, der weder zu den Unsterblichen gehört, noch sich als wahrer Daoist erweist 511 ,<br />

wird gewissermaßen zum Alter ego <strong>des</strong> Ichs. So gewinnt auch das übergangslose Abbrechen<br />

der Begegnung im Text und ihre reflektive Einstufung als Traum an Klarheit: das Ich<br />

entdeckt hinter der Fassade daoistischer „Weltentsagung“ endlich den ihm vorbestimmten<br />

Ort, der ihm auf allen vorherigen Reisen verwehrt wurde. Doch die Entdeckung hat keinen<br />

äußeren Bestand, sondern entzieht sich flüchtig wie ein Traum, den zu malen - also mit<br />

Bewußtsein festzuhalten - das Geschick nicht reicht. Auch die Kunst, mit der das Alter ego<br />

zuvor ideal vereint schien, steht also dem Ich im Text nicht willkürlich - die Vokabel yu 欲,<br />

mit ich will übersetzt, weist ausdrücklich auf das Moment <strong>des</strong> persönlichen Wollens hin - zu<br />

Gebote, sondern erweist sich als abstraktes Pendant zu den scheinbar immer wieder<br />

vergeblich angestrebten, konkreten Reisezielen. In diesem Sinn geht auch jene Bemerkung<br />

509 ZWDCD:7184.148 & 39843.357<br />

510 Neben Qin- und Schachspiel auch Literatur und Malerei. (ZWDCD:4782.799)<br />

511 Es ist wichtig zu bemerken, daß Indizien eines praktizierten Daoismus - besonders alchimistische Mitteln zur<br />

Lebensverlängerung, die in keiner Einsiedelei fehlen durften - hier nicht erwähnt werden, dafür aber in der<br />

Prosa-Variante der Beschreibung dieser Begegnung. (siehe weiter unten)<br />

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