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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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<strong>Das</strong> am häufigsten wiederholte Versmetrum mit der Silbenzahl 4 kann als rhythmischer<br />

Querschnitt durch den gesamten Worttext betrachtet werden. An ihm orientieren sich beide<br />

Strophen in bezeichnend ungleicher Weise. Strophe 1 besteht aus zwei metrisch fast<br />

identischen Hälften, deren jeweils erster Vers (1 und 5) viersilbig bzw. fünfsilbig ist, während<br />

die dann folgenden Verse in ihrer extremen rhythmischen Spannung zwischen kurz und lang<br />

das Basismetrum umspielen. Strophe 2 läßt sich abermals in zwei Hälften teilen, deren erste<br />

das Basismetrum eingangs wiederholt, um dann nur noch mäßig (um ein bis zwei Silben) von<br />

ihm abzweichen; die zweite Hälfte fällt dann ganz monoton darauf zurück. Bildhaft<br />

gesprochen gleichen die rhythmischen Schwankungen beider Strophen einem aufkommenden<br />

Sturm (Strophe 1), der bald abflaut und schließlich in Windstille endet (Strophe 2).<br />

Inhaltlich besteht kein Zweifel, daß hier nicht nur auf Päonien gesungen wird, sondern<br />

daß es sich um eine Reprise der bereits aus „Yangzhou“ bekannten Topik handelt. Was<br />

allerdings im Zusammenhang mit dem Untertitel auffällt, ist die Zurückstufung <strong>des</strong><br />

zeitgeschichtlich-politischen Kontextes zugunsten der Kontemplation eines Gegenstan<strong>des</strong> -<br />

der Päonie -, der im zuvor besprochenen Gedicht erst am Schluß aufgegriffen wurde. Im<br />

Vordergrund steht also nicht mehr jener Schmerz, der sich beim Anblick der in einer<br />

verödeten Pufferzone zwischen kriegführenden Mächten fast aufgegebenen, einstigen<br />

Metropole <strong>des</strong> Reisenden bemächtigte. Wir können, wenn wir wollen, dieses Gedicht als<br />

Fortsetzung und Vertiefung jenes Gedankens ansehen, auf den „Yangzhou“ in den letzten<br />

Versen hinausläuft. Dort ist das „Erinnern“ 念 (Vers 19) letzter Zweck jener kontemplativen<br />

Haltung, durch die zuvor im Gedicht die gegensätzlichen Aspekte der Yangzhou-Topik<br />

(zeitgeschichtlicher und literarischer) verschmolzen wurden. Hier geht wiederum die<br />

Kontemplation <strong>des</strong> Gegenstan<strong>des</strong> in ein Erinnern über, das in Vers 11 scheinbar von einem<br />

Ich gedacht wird.<br />

Dieser Übergang fällt mit der Zäsur zwischen erster und zweiter Strophe zusammen. In<br />

der ersten Strophe sind es die äußeren Erscheinungsformen der Päonie, die in der<br />

Kontemplation menschliche Züge annehmen (Vers 4, 7 und 8). Im Vergleich von Knospen<br />

mit Pinselspitzen, die Verse schreiben soll möglicherweise schon angedeutet werden, worauf<br />

das Gedicht sich zubewegt: in den Versen setzt sich das Leben fort, das der endende Frühling<br />

mit sich nimmt... Oder auch nicht? Könnte man die „Schreibbewegungen“ der Päonienzweige<br />

nicht auch als Bild für die auf Festen besonders unter den männlichen Teilnehmern üblichen<br />

Dichtwettbewerbe auffassen? Da die Zeit jener Feste vorbei ist, wäre der Ausdruck umso<br />

melancholischer.-<br />

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