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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Bei <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> fehlt hier außerdem jegliche Fixiertheit auf den anderen. Er selber sitzt ja<br />

im Boot und fährt nicht etwa stromab, sondern überquert nur den Strom, was nicht nur eine<br />

andere Perspektive schafft - das Ziel liegt am anderen Ufer, nicht hinter dem Horizont - ,<br />

sondern bei dem stürmischen Wetter auch das ganze Unternehmen gefährlicher macht.<br />

<strong>Das</strong> zweite Verspaar beginnt mit dem - wörtlichen, nur in der Wortfolge verkehrten - Zitat<br />

eines dem Zhao Hu (1. Jahrhundert v.Chr.) zugeschriebenen Versteiles. 122 Zhao war<br />

Feudalherr unter Kaiser Wu der Han-Dynastie (reg. 140-84) und hielt sich in der Hauptstadt<br />

Chang’an auf, als sein Territorium von einem benachbarten Provinzherrscher angegriffen<br />

wurde. Möglicherweise bezieht sich der Vers<br />

Aus dem Langen Rohr ein Ton nur, während einer im Turme lehnt 長笛一聲人依樓<br />

aus dem Gedicht „Herbstabend in Chang‘an“ auf diese Situation. Sicher ist aber, daß in<br />

dem ursprünglichen Vers wieder eine dem Li-Bo-Gedicht ähnliche Situation dargestellt wird:<br />

einsames Fernweh und die weite Aussicht von einem Turm. Die im Zitat enthaltenen<br />

Reminiszenzen auf ein tiefes Empfinden in der Ruhe der inneren Schicksalsgewißheit passen<br />

auch hier nicht zum akuten Drängen <strong>des</strong> äußeren Geschehens. Diese Unstimmigkeit wird<br />

noch dadurch verstärkt, daß der jahreszeitliche Hintergrund, den das Zitat unter belesenen<br />

Zeitgenossen spontan hervorgerufen haben mochte (Herbstabend), nach der Hauptzäsur im<br />

zweiten Versteil gleich in eine Allegorie <strong>des</strong> Frühlings (Fische und Drachen) 123 übergeht. Der<br />

hohe Wellengang (Vers 4) darf nun im mythologischen Sinn sicher als Folge davon gedeutet<br />

werden, daß Fische und Drachen tanzen. Im Gegensatz zur Ruhe, die Anspielung und Zitat<br />

sehr wohl anklingen lassen, verbreitet sich also die Unruhe, im ersten Verspaar durch den<br />

Wind (=Himmel=Yang), im zweiten durch die Wellen (=Wasser=Yin), über alle Ebenen <strong>des</strong><br />

äußeren Raumes.<br />

Die Struktur <strong>des</strong> Gedichtes drängt das Ich stark zurück. Metonyme, die einen Insassen <strong>des</strong><br />

Bootes andeuten (kleines Segel / ein Ton nur...), schließen von vornherein nicht aus, daß die<br />

Stimme <strong>des</strong> Gedichtes von einem anderen sein könnte, der das Geschehen aus dem Abstand<br />

oder in der Erinnerung verfolgt. Die durch die literarischen Bezüge hervorgerufenen,<br />

kontextuellen Dissonanzen spiegeln aber genau den Zwiespalt eines subjektiven Bewußtseins,<br />

Zeichen für xi (Westen) übersehen.<br />

122 ZWDCD: 42022.497.2. Die biographischen Angaben zu Zhao Hu finden sich in: Sima Qian; Shi ji; J. 113, S.<br />

2970f.<br />

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