29.10.2013 Aufrufe

Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

iefliche Äußerung <strong>des</strong> Su Shi abschließt. Der formelhafte Charakter <strong>des</strong> Kann-nicht-nicht-<br />

Sein 不能不為者 (bu neng bu wei zhe) abstrahiert bewußt von dem metaphorischen<br />

Zusammenhang der ursprünglichen Textstelle <strong>des</strong> Briefes:<br />

Eure Lehren zu den klassischen Schriften sowie Eure Poesie und vermischten<br />

Prosaschriften, die ihr mir zeigtet, habe ich reiflich geprüft. Im ganzen ist Euer Stil wie<br />

ziehende Wolken und fließen<strong>des</strong> Wasser. Anfangs noch ohne feste Gestalt, nimmt es doch<br />

immer so seinen Gang, wie es gehen soll, hält es doch immer da an, wo es nicht nicht<br />

anhalten kann 不能不止 (bu neng bu zhi). Die Prinzipien Eurer literarischen Komposition<br />

(wen) sind natürlich und lassen durchweg Anmutiges entstehen. Konfuzius sagte: Worte, die<br />

nicht literarisch komponiert sind, kommen nicht weit. 299 - Außerdem sagte er: Durch das<br />

Gesagte tritt das Gedachte hervor und sonst nichts!- Wenn nun die Worte dort anhalten, wo<br />

das Gedachte hervortritt und man daran zweifelt, ob sie literarisch komponiert seien, so liegt<br />

man mit seinem Zweifel ganz falsch. Die Kunst, den Dingen nachzuspüren, ist wie das<br />

Fesseln <strong>des</strong> Win<strong>des</strong> oder das Fangen <strong>des</strong> Schattens. Wer es vermag, das reale Ding klar in der<br />

Seele zu erfassen, der wird unter einer Million Menschen nie mehr seinesgleichen treffen.<br />

Wieviel mehr gilt das noch für denjenigen, der es im Mund und in der Hand zu fassen kriegt?!<br />

<strong>Das</strong> ist es, was mit dem Hervortreten <strong>des</strong> Gedachten durch das Gesagte gemeint ist: Wenn das<br />

Gesagte dahin kommt, daß das Gedachte durch es hervortreten kann, dann darf die literarische<br />

Komposition nicht mehr darüber hinausgeführt werden. 300<br />

<strong>Das</strong> wahrhaft Gesagte ist also einmalig und gewissermaßen individuell, und wo es<br />

„hervortritt“ 達 (da), muß der Dichter „anhalten“ 止 (zhi). Hier steht er auch mit seiner<br />

Dichtung so einsam da, wie <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> es am Ende <strong>des</strong> ersten Vorwortes pathetisch von sich<br />

selber sagte. Alles weitere Feilen und Formen verbietet sich von selbst, denn es führt von hier<br />

ab zurück in den Bereich der sprachlichen Konventionen und Beliebigkeiten, aus dem es<br />

zuvor herausführte. <strong>Das</strong> Erarbeiten <strong>des</strong> Stils, die Auseinandersetzung mit dem Stofflichen<br />

also, macht nur solange Sinn, wie der Gedanke noch zögert, ungehemmt durch den Stoff<br />

hervorzutreten; ist dieses Zögern dann überwunden und wird die Arbeit dennoch fortgesetzt,<br />

so wird der individuelle Künstler zum gewöhnlichen Arbeiter, der Reproduzierbares herstellt.<br />

In dieser abenteuerlichen, weil immer ganz unberechenbaren Spannung zwischen<br />

handwerklicher Erarbeitung der „literarischen Komposition“ (wen) - als deren Stoff, neben<br />

dem bloßen Sprachmaterial die geistige Tradition vorhanden war - und spontanem Erwachen<br />

(wu) - als Hervortreten <strong>des</strong> Gedankens 達意 (da yi) - vollzieht sich die stilistische<br />

Entwicklung als geistiger Wandlungsprozeß (hua), der vom Dichter persönlich miterlebt<br />

wird. Allein dieser Prozeß schließt die Notwendigkeit ein, aus der sich zu allen Zeiten das<br />

dichterisch Mögliche ergibt und stellt somit die Zeitgenossen mit den Alten auf eine<br />

gemeinsame Ebene.<br />

299 Yan zhi wu wen, xing er bu yuan (“without elegant composition of the words, they will not go far”) Legge;<br />

Classics; Vol.V/IX, Zuo zhuan, Xiang gong; S. 512 & 517<br />

300 Su, Shi; Jing jin Dongpo wen ji shi lüe; Taibei 1960; J. 46, S. 779f.<br />

164

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!