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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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ausspähten, indirekt zu verstehen gab, kann hier nicht erörtert werden. Wir werden den Text<br />

jedoch als solchen und als das späteste und eindrucksvollste biographische Selbstzeugnis<br />

<strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s ausführlicher untersuchen.<br />

Sehr viel stärker als dieser Text beeinflußt nach wie vor der 1190 von einem<br />

befreundeten Dichter verliehene „Künstlername“ (hao) Baishi daoren („Weißstein Daoist“)<br />

das allgemeine Persönlichkeitsbild. Auch Lin hat in seiner, ebenfalls recht ausführlichen<br />

biographischen Skizze 48 diesen Namen nicht nur als Überschrift gewählt, sondern auch gleich<br />

den Untertitel „A Portrait of the Recluse-Artist“ hinzugefügt. Zwar klärt Lin, indem er den<br />

oben erwähnten Prosatext anführt und ihn mit der Biographie eines zweifellos religiös<br />

motivierten buddhistischen Laien vergleicht, darüber auf, daß <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> keine religiösen<br />

Motive leiteten, wenn er sich nominell von der Gesellschaft distanzierte. Doch m.E. macht er<br />

die innere Distanz, die zu diesem Namen offenbar von Beginn an gegeben war, nicht deutlich<br />

genug. So kommt es, daß <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> auch in neueren Literaturgeschichten aufgrund seines<br />

hao-Namens, der sich inhaltlich wenig mit seinen Lebensumständen zu vertragen scheint, als<br />

Vertreter einer sozialen „Mo<strong>des</strong>trömung seiner Zeit“ bezeichnet wird. 49 Ich werde dagegen<br />

ein Gedicht <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s anführen, worin er dem Freund Pan Cheng (?-?) für die Verleihung<br />

dieses Prädikates auf eine Weise dankt, die nicht allein eine aufrichtig empfundene<br />

Schuldigkeit gegenüber letzterem zum Ausdruck bringt, sondern auch ein deutliches Maß an<br />

Selbstironie, mit der sich <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> vom Tragen <strong>des</strong> Namens indirekt und sehr persönlich<br />

distanziert. <strong>Das</strong> dritte Kapitel wird weitläufig untersuchen, wie das Motiv <strong>des</strong> Rückzugs in<br />

der Dichtung eines Menschen, <strong>des</strong>sen Existenz von der Launigkeit weltlicher Milieus auf<br />

Gedeih und Verderb abhing, eine zentrale Funktion übernehmen konnte. Später in diesem<br />

Kapitel soll eine kurze und stichhaltige Auslegung <strong>des</strong> Gedichtes zeigen, daß <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> im<br />

Grunde wenig davon hielt, den Rückzug äußerlich zu „kultivieren“.<br />

Bevor wir aber die Persönlichkeit <strong>des</strong> <strong>Dichters</strong> von ihren zwei verschiedenen Seiten -<br />

dem Angewiesen-Sein auf die Zuwendung anderer ohne den Rückhalt eines öffentlich<br />

anerkannten Status und der (notwendigen?) inneren Distanz zu dieser Realität, die deren<br />

Wahrnehmung noch verschärfte - betrachten wollen, soll versucht werden, ein Licht auf die,<br />

bis auf wenige dürftige Einzelheiten, völlig im Dunkel liegenden ersten drei Lebensjahrzehnte<br />

zu werfen.<br />

48 Lin; Transformation; S. 48-58<br />

49 Schmidt-Glintzer, Helwig; Geschichte der chinesischen Literatur; München 1990 S. 367f.<br />

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