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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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das an die hundert Jahre währt, ist selten; noch seltener sind Gäste und Hausherren, wie er<br />

und Pingfu es gewesen -<br />

So tief bewegt von diesen Dingen,<br />

Kann er den Kummer nicht bezwingen...<br />

Pingfu ist nun gestorben und sein kleiner Sohn ist noch sehr jung. Tritt er durch die Tür<br />

zu ihm herein, so wird ihm unweigerlich ganz elend zumute. Den ganzen Tag bleibt er allein<br />

bei ihm sitzen und kehrt schließlich zögernd und ratlos wieder nach Hause zurück. Wenn er<br />

darüber nachdenkt, ob er ihn nicht besser seinem eigenen Schicksal überließe, fallen ihm<br />

Pingfus Scheideworte ein. Wie könnte er da noch vom Fortgehen reden!? Doch was bringt es<br />

zu bleiben anstatt fortzugehen, wenn kein Hausherr mehr da ist? Wie lange nur kann das so<br />

währen?!<br />

Besonders durch die am Schluss offenkundige Absicht, durch die Schilderung der<br />

Notlage <strong>des</strong> minderjährigen Nachkommen Zhangjians, der <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> vom sterbenden Freund<br />

anscheinend anvertraut worden war, einen neuen Mäzen und Gönner für sich selbst zu<br />

erwerben, gleicht dieser Prosatext gewissermaßen dem Vierzeiler „Die papierne Decke“ <strong>des</strong><br />

Du Zhan (Abschnitt b) dieses Kapitels). Beide Texte verraten die auf den Eigennutzen<br />

gerichtete Absicht <strong>des</strong> Autors und stellen dadurch ihren literarischen Wert, gemessen am<br />

allgemeinen und konventionellen Geschmack, der uneigennützige Absichten wahrnehmen<br />

wollte, provokativ in Frage. Aus heutiger kritischer Sicht muss bezüglich <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s<br />

außerdem gefragt werden, ob die Not <strong>des</strong> Freun<strong>des</strong>sohnes - immerhin das Mitglied einer der<br />

reichsten Familien der Reichshauptstadt - nicht bloß ein erfundenes Mittel war, um die<br />

Aufmerksamkeit und das Mitleid für den Autor zu steigern? Trickreich wäre eine solche<br />

Erfindung tatsächlich gewesen, in dem sie anscheinend davon handelt, dass die Notlage <strong>des</strong><br />

Autors ihn auch daran hindert, seinen moralischen Verpflichtungen nachzukommen, in<br />

Wirklichkeit aber versteckt an die moralische Verantwortung der Leser appelliert. Diese<br />

Auslegung <strong>des</strong> obigen Textes, gegen die m.E. bisher nichts spricht, wirft ein Licht auf die<br />

moralischen Schwächen einer „Transformationsgesellschaft“, die sich unversehens der<br />

Verantwortung für große Teile ihrer Eliten begeben hatte.<br />

Formal und inhaltlich betrachtet besteht der Text aus zwei Hauptteilen - zweiter, dritter<br />

Abschnitt und fünfter -, einer Einleitung (erster Abschnitt), einer Überleitung vom ersten zum<br />

zweiten Hauptteil (vierter Abschnitt) und einem Schluß (sechster Abschnitt). Eine erste<br />

inhaltliche Analyse dieser Gliederung läßt bereits Grundzüge ihrer Konzeption erkennen.<br />

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