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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Gedankens an eine irgendwie gegenwartsferne Liebschaft, der ebenso gegen die Mitte beider<br />

Strophen (Vers 3 und Vers 13) von einem anderen Sinnzusammenhang abgelöst wird. In Vers<br />

3 setzt mit wohin niemand kommt eine Beschreibung der Einsamkeit <strong>des</strong> Ortes ein, und am<br />

Ende von Vers 13 löst das ausdrucksstarke Verb 落 fallen bezüglich der Blüten unwillkürlich<br />

den Gedanken von Vergänglichkeit aus, der im folgenden Vers weitergeführt wird. Doch<br />

kann in keiner der beiden Strophe die Rede davon sein, daß sich ihr Gehalt in der<br />

metaphorischen Beschreibung von “Einsamkeit” und “Vergänglichkeit” in freier Assoziation<br />

mit einem nicht konkretisierten Liebesmotiv erschöpfe. Die Wasserlilien und die Ufer, vor<br />

denen sie hertreiben, lenken die Einbildungskraft und das Gedankenspiel der dichterischen<br />

Phantasie weiter von ihren eigenen Inhalten ab. Am Ende der ersten Strophe ist eine erneute<br />

Richtungsänderung <strong>des</strong> metaphorischen Sprechens zu beobachten. In Vers 9 wird zunächst<br />

eine Bewegung mit dem, für weiblichen Charme bestimmten Adjektiv 嫣然 bezaubernd<br />

charakterisiert. Doch was schwingt bezaubernd...hin und her? Unmittelbar zuvor war nur vom<br />

Schilf die Rede, doch das will - wegen seiner eher schlichten Eleganz - nicht recht auf diesen<br />

Ausdruck nicht passen. Die Wasserlilien, an die man gerne denken möchte, weil der<br />

metaphorische Gehalt von 嫣, neben der Konnotation weiblicher Anmut, vor allem die der<br />

farbenprächtigen Blüten einschließt, werden aber auch im darauffolgenden, dem letzten Vers<br />

der Strophe, nicht direkt genannt, sondern lediglich ihr kühler Duft. Gewiß beinhaltet die<br />

allgemeine Vorstellung von dem Ufer, daß Schilf und Lotos dicht beieinander sind und sich<br />

teilweise vermengen, und vielleicht verliert sich die konkrete Form <strong>des</strong> Dinges hier gerade<br />

<strong>des</strong>halb fast unmerklich aus der Vorstellung. Es ist nur noch ein es, das<br />

bezaubernd...schwingt...und von dem kühler Duft...über Versen sich verbreitet.<br />

Zunächst schließt Liu zurecht daraus auf einen weitestgehend abstrakten Gedanken:<br />

This striking conceit brings together the concrete and the abstract, the physical world and<br />

the mental.” 584<br />

Die Idee, die sprachlichen Bilder nicht mehr für eine andere Wirklichkeit zu setzen,<br />

sondern ihre eigene Wirklichkeit zu entwerfen, ermöglicht es, daß in dem lyrischen Text<br />

sämtliche Eindrücke und die damit in Verbindung stehenden „persönlichen“ Erfahrungen von<br />

den verschiedenen Orten und Lebensabschnitten, die das Vorwort nennt, in einem einzigen<br />

Gegenwartsgebilde zusammengefügt werden. Dies ist die Gegenwart <strong>des</strong> ästhetischen<br />

Gefallens an der Schönheit der Wasserlilien, die in jenen Zustand tiefer Ungestörtheit<br />

versetzt, aus dem sich das dichterische Sprechen wie von selber löst und zu einem Band freier<br />

584 Some Literary Qualities of the Lyric (Tz’u); S. 143<br />

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