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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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angenommen wurde. Damit nimmt <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>, wenn auch sehr indirekt einen Teil der Schuld<br />

an seinem Schicksal auf sich. Hätte er die Hilfe angenommen, so wäre seine Lage jetzt<br />

weniger verzweifelt! Aber es war entweder eine Art Stolz - verkleidet als Edelmut -, der ihn<br />

davon abhielt, einen derartigen Profit aus dem guten Willen <strong>des</strong> Freun<strong>des</strong> zu schlagen - oder<br />

aber aufrichtige moralische Bedenken. Ganz gleich, ob wir nun dieser Darstellung naiv<br />

glauben wollen oder sie mit Zurückhaltung zur Kenntnis nehmen, es geht in ihr darum, zu<br />

zeigen, daß der Dichter sich im Grunde auf nichts anderes verlassen mochte, als die Achtung<br />

und Wertschätzung seiner Person, die von jenem „Verwaistsein“, das zu Anfang wie auch<br />

gegen Ende ihr Zustand ist, geradzu erlöst, indem sie das Fehlen der familiären Verwurzelung<br />

sowie öffentlichen Wirkens und offizieller Anerkennung ersetzt. Offenbar war dies das<br />

Selbstverständnis eines „freien“ <strong>Dichters</strong>, den das Leben gelehrt hatte, sich allein durch seine<br />

musischen Begabungen zu behaupten. Unter diesem Aspekt lassen sich die letzten Sätze<br />

leicht verstehen.<br />

Doch was bringt es zu bleiben anstatt fortzugehen, wenn kein Hausherr mehr da ist? Für<br />

wie lange könnte das so währen?! Es ist am Ende unwahrscheinlich, daß der schwerreiche<br />

Zhang Jian seinen minderjährigen Sohn wie <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> es darstellt, nämlich in einem leeren<br />

Haus und ohne Vermögen, hinterließ. Der verwaiste Sohn soll vielleicht eher auf das<br />

Verwaistsein <strong>des</strong> <strong>Dichters</strong> hinweisen, von dem anfangs die Rede war. Was nicht mehr lange<br />

so währen soll, ist <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s eigener Zustand, der durch die vorhergegangene, stark<br />

emotional gefärbte Beschreibung <strong>des</strong> Verhältnisses zu Zhang Jian im Grunde fast tragischer<br />

erscheint als <strong>des</strong>sen Tod.<br />

Trotz dieser egoistischen Absicht, die dem Text nicht abzusprechen ist, reicht seine<br />

Konzeption weiter. Es ist Verzweiflung, die deutlich aus diesen Worten spricht und die ganz<br />

im Gegensatz zu einer inneren Gelassenheit steht, die die Gebildeten jener Zeit und jenes<br />

Kulturkreises als eine Art geistiges Eigentum vorzustellen pflegten. Die biographischen<br />

Skizzen der im Text erwähnten, zeitgenössischen Persönlichkeiten eröffnen eine Perspektive<br />

auf die Zeitumstände, aus der diese Verzweiflung keineswegs nur in der persönlichen Lage<br />

eines Einzelnen, sondern im politischen Klima der Epoche ihre Ursache hatte.<br />

Die existenzielle Not, die hier zur Sprache kommt, ist identisch mit dem Inhalt von Du<br />

Zhans Bettelgedicht, allerdings scheint der dem Gelehrtenethos und -stolz widersprechende<br />

Ton erst in der zweiten Generation nach <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> auch in die lyrische Gattung eingeflossen<br />

zu sein. <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> spricht nicht nur für sich allein, sondern auch für die Notlage einer Gruppe,<br />

die aus der hochangesehenen, in vieler Hinsicht privilegierten Schicht der Literatenbeamten<br />

herausgebrochen war und der nichts anderes übrig blieb, als ihre Identität und ihr<br />

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