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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Beschmutzung schmutzig. Mein einziges Streben geht nach weiter, großzügiger Entfaltung<br />

mit Hintansetzung aller Sorgen und Mühen. 357<br />

Besonders der letzte Ausspruch läßt sich als Erklärung für die Gleichsetzung von Schnee<br />

und Dichtung bei <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> heranziehen. Seine theoretischen Äußerungen zur Dichtung, vor<br />

allem in den beiden Vorworten zur shi-Sammlung, in denen die Trennung <strong>des</strong> wahren<br />

dichterischen Gehalts von allen Zusammenhängen jenseits eines Kann-nicht-nicht-Seins<br />

gefordert wird, rücken das Wesen der Dichtung in eine dunkle Gestaltlosigkeit - Dichtung hat<br />

ursprünglich gar keinen Stil -, die sich erst durch die Annahme der Gestalt der Dinge dem<br />

Verstand teilweise enthüllt. <strong>Das</strong> „Streben“ <strong>des</strong> Schnees „nach weiter, großzügiger Entfaltung<br />

mit Hintansetzung aller Sorgen und Mühen“ ist wesensverwandt mit dem der Dichtung, die<br />

ihr ureigenes, gestaltloses Dunkel - „das dunkle Yin-Prinzip“ - verläßt, um sich in der<br />

Außenwelt zu verwirklichen. Die Gleichgültigkeit <strong>des</strong> weißen Schnees gegen Beschmutzung<br />

befreit ihn zugleich von „Sorgen und Mühen“ und öffnet ihm die Möglichkeit der Entfaltung.<br />

Diese Überlegenheit stimmt auch mit den Charaktereigenschaften <strong>des</strong> Freun<strong>des</strong> überein, der<br />

voranstrebt und der die Gefahren <strong>des</strong> Lebens verachtet. In der Symbiose von Schnee und<br />

Dichtung, auf dem Hintergrund einer metaphorischen Analogie <strong>des</strong> personifizierten Schnees<br />

- „Festigkeit ist nicht meine Sache (sagt der Schnee)“ usw. - und der charakterlichen<br />

Eigenschaften <strong>des</strong> Freun<strong>des</strong>, „schenkt“ <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong> jenem zum Abschied ein subtiles<br />

Seelenportrait.<br />

Im selben Kapitel der Sammlung befindet sich noch ein zweites Gedicht, daß an einen<br />

gewissen Wang - bzw. Wang lang, „Herr Wang“, wie auch die Anrede in Strophe 1, Vers 2<br />

<strong>des</strong> obigen Gedichtes wörtlich übersetzt lauten müßte - gerichtet ist. Sein Titel, „Die Klause,<br />

der Wolken entsprießen“ 生雲軒, meint wohl einen Ort, den beide gemeinsam besucht haben<br />

und der in beider Erinnerung ein Wahrzeichen ihrer Freundschaft gewesen sein dürfte. Die<br />

Aussagen, mit denen die Art <strong>des</strong> Freun<strong>des</strong> gekennzeichnet wird, klingen hier so deutlich mit<br />

denen <strong>des</strong> vorigen Gedichtes zusammen, daß ich nicht zögere, unter Wang lang dieselbe<br />

Person zu verstehen.<br />

Dem Schneemotiv vegleichbar, das im zuvor besprochenen Gedicht an verschiedenen<br />

Stellen wieder auftauchte und die bildliche Textstruktur auf diese Weise bestimmte, wird im<br />

folgenden Gedicht das Motiv der Wolke verwendet.<br />

Wolken, zumal in Verbindung mit Bergen, stehen für Abgeschlossenheit, kontemplative<br />

Einsamkeit, auch für klösterliches Leben. 358 Die Wolke wird außerdem als Sinnbild für die<br />

357 v. Zach, Erwin; Die chinesische Anthologie; Cambridge, Mass. 1958; Bd. I, S. 198<br />

358 Rohrer, Maria; <strong>Das</strong> Motiv der Wolke in der Dichtung Tao Yuanmings; Freiburg 1992, S. 103<br />

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