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Das Werk des Dichters Jiang Kui - AsiaRes

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Dennoch findet im Schlußgedicht (15) eine Annäherung an das geistige Ziel statt, die<br />

durch die einzige Begegnung mit einer Einzelperson zustande kommt und die nicht nur durch<br />

die innertextlichen Aussagen, sondern vor allem auch durch eine werkimmanente<br />

Intertextualität Bedeutung gewinnt. Diese Bezüge werden nun zum Abschluß <strong>des</strong> Kapitels<br />

durch Vergleich der wichtigsten Texte untersucht.<br />

In „Gedichte über das Reisen von einst“ subsummiert sich die vieldeutige<br />

Aussagestruktur <strong>des</strong> Zyklus zuletzt unter dem Aspekt, daß die Suche nach Wahrheit und<br />

Vollkommenheit zwar über die Welt <strong>des</strong> Alltäglichen hinaus in höhere Sphären führt, aber<br />

auch dort ihr Ziel nicht endgültig erreichen kann. Die beiden im Anschluß daran noch<br />

vorgestellten Prosatexte übertragen den Kern dieser Aussage mittels unterschiedlicher<br />

Beschreibungen <strong>des</strong>selben, wahrscheinlich fiktiven, Erlebnisses auf den Bereich der<br />

Dichtung. Diese Konzeptionen deuten gemeinsam auf die Existenz einer idealen Dichtung,<br />

die sich nur außerhalb <strong>des</strong> gegenwärtigen menschlichen Welt realisieren läßt, während das Ich<br />

dieser stets verhaftet bleibt und nur durch scheinbar zufällige Begegnungen eine Ahnung von<br />

den großen Möglichkeiten der Poesie erhält. Aus diesem mehrfach ausformulierten Gedanken<br />

erklärt sich die besonders für <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s poetologische Schriften und seinen dichterischen Stil<br />

charakteristische Spannung zwischen der Unentbehrlichkeit handwerklichen Könnens und<br />

einer individuellen Unabhängigkeit gegenüber Konventionen, zwischen Dichtung als<br />

professioneller Tätigkeit und als zweckfreiem Raum, in dem die Regeln der Kunst immer<br />

wieder neu entdeckt werden müssen, um Gültigkeit zu bewahren.<br />

Die Vorstellung eines „Rückzuges in die Dichtung“ ist, wie <strong>Jiang</strong> <strong>Kui</strong>s Reise-Zyklus,<br />

eine Synthese aus Lebenserfahrung und Wahrheitssuche. Bei<strong>des</strong> fließt in der Dichtung<br />

zusammen und entwickelt sich lebendig weiter, ohne absoluten Stillstand und scheinbar ohne<br />

wirkliche Vollendung. Die Allegorie einer geistigen Vollendung wird in den folgenden<br />

Texten zweimal in der Gestalt <strong>des</strong> Einsiedlers entworfen und damit dem Ich<br />

gegenübergestellt. Der Einsiedler bleibt zwar jeweils ein Fremder, ohne daß aber die<br />

Begegnungen dadurch ihren Sinn verlören:<br />

(15)<br />

<strong>Das</strong> Heng-Gebirge ist ein Daoistentempel,<br />

Die Mönche tranken dort von meinem Wein.<br />

Der Eine, der da unter ihnen saß,<br />

Mußte der Greis im weißen Kleid aus dem Gebirge sein.<br />

Ich frug den Greis, wo er zu wohnen pflege -<br />

衡山為真宮<br />

道士飲我酒<br />

共坐有何人<br />

山中白衣叟<br />

問叟家何在<br />

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